„Fliegt nicht mit den Schmuddelkisten!“

■ British Airways holt leise Flugzeuge nach Berlin / Folge der „Diskussion“ über den Berlin-Flugverkehr / Die US-Gesellschaften Pan Am und TWA lärmen weiter

Fliegt nicht mit den Schmuddelkisten!“ - BerlinerInnen, die diesen Rat der Reinickendorfer Initiative „BürgerInnen gegen das Luftkreuz“ befolgen wollen, haben in Zukunft eine leichte Wahl. Sie müssen schlicht und einfach die US -Fluggesellschaften Pan Am und TWA meiden. Verzichten diese beiden Carrier weiterhin auf eine Flottenerneuerung, dann werden sie ab März nächsten Jahres die einzigen unter den großen Gesellschaften sein, die überwiegend mit lauten Maschinen in Tegel starten.

Sir Colin Marshall, der Vorstandsvorsitzende von British Airways (BA), kündigte gestern nämlich an, seine Gesellschaft werde ihre Berlin-Flüge künftig größtenteils mit lärmarmen Flugzeugen abwickeln. Mit Inkraftreten des Sommerflugplans 1990 will die Fluglinie vier laute Boeing 737-236 (Lärmklasse 2) durch vier leise Boeing 737-300 (Lärmklasse 3) ersetzen; eine weitere laute Boeing wird aus Berlin abgezogen. Moderne Maschinen, die die strengen Anforderungen der Lärmklasse 3 erfüllen, sind nur noch halb so laut wie Fluggeräte der Lärmklasse 2. Sie verbrauchen weniger Kerosin und stoßen deutlich weniger Schadstoffe aus.

Johannes Hauenstein von den „BürgerInnen gegen das Luftkreuz“ fand diese Entscheidung gestern „begrüßenswert“, aber auch „ein Stück weit erstaunlich“. Immerhin hatte der stellvertretende Deutschland-Direktor von BA Wolfgang Grund noch vor knapp einem Jahr eine Flottenerneuerung abgelehnt. Nur dort, „wo man Geld verdient“, gebe es das, winkte der Manager im November 1988 ab. Die verschärfte Konkurrenz nach der von US-Präsident Reagan und dem CDU/FDP-Senat betriebenen Ausweitung des Berlin-Flugverkehrs bot dafür wenig Aussichten.

Die „Diskussion“ über den Berlin-Flugverkehr sei einer der Gründe für den Sinneswandel seiner Gesellschaft, räumte BA -Sprecher Bernd Wietfeld nun gestern ein. Außerdem habe sich die Auslastung der BA-Flugzeuge besser entwickelt als erwartet. Mit nur 28 Prozent des Sitzplatzangebots befördere seine Gesellschaft 31 Prozent der Passagiere, hob Sir Colin gestern hervor. Als einzige der großen etablierten Gesellschaften sei sie in der Lage gewesen, ihren Marktanteil trotz der verschärften Konkurrenz des Berlin -Flugverkehrs zu halten.

Neben den neuen Boeing-Maschinen, die BA im vorigen Jahr geleast hatte, besteht die Berliner Flotte der britischen Gesellschaft vom Frühjahr an aus vier besonders geräuscharmen Turboprop-Maschinen des Typs ATP sowie einer verbleibenden lauten Boeing 737-236. Die deutsch -französische Gesellschaft Euroberlin France arbeitet seit jeher ausschließlich mit den leisen Boeing 737-300. Air France bedient die Düsseldorf-Route - ihre einzige Strecke mit dem Airbus A 320, ebenfalls in der Lärmklasse 3.

Zur Berlin-Flotte von Pan Am (einschließlich Pan-Am -Express) gehören zwar auch vier Turboprop-Maschinen des Typs ATR 42 und „anderthalb Airbusse A 310“, wie Sprecher Kosel gestern erläuterte. Den Löwenanteil des Fluggeräts der Gesellschaft stellen jedoch neun Boeing 727-200, die in die laute Lärmklasse 2 eingeordnet werden. TWA, die wie Euroberlin erst seit dem letzten Jahr im Berlin-Geschäft ist, fliegt sogar ausschließlich alte und lärmende Boeing 727. Während der Pan-Am-Sprecher gestern versicherte, seine Firma sehe sich nach „wirtschaftlichen, leisen Maschinen“ um, sind von TWA keine derartigen Versprechen zu bekommen. Eine TWA-Mitarbeiterin in Frankfurt, an die die taz gestern weiterverwiesen wurde, wußte nicht einmal, daß es die international gültigen - verschiedenen Lärmklassen überhaupt gibt.

hmt