: Dieter Klink zensiert Geiselausschußbericht
■ Dickes Buch über Pannen und Konsequenzen an zwei Stellen geweißt / Klink: Will vor einer Straftat schützen
Die JournalistInnen, die zur Abschlußpressekonferenz des Untersuchungsausschusses Geiseldrama gekommen waren (vgl. S. 4), mußten zwanzig Minuten warten. Der Grund: Hinter geschlossenen Türen hatte der Ausschuß darüber gestritten, wie mit einem Zensurbegehren des Bürgerschaftspräsidenten Dieter Klink umzugehen sei. Der hatte verlangt, daß zwei Passagen aus dem Minderheitenvotum der Grünen gestrichen würden. Klink am Nachmittag als Begrünndung zur taz: „Ich muß dafür sorgen, daß vertrauliche Dinge auch vertraulich bleiben.“ Und: „Meine Intention ist, daß sich niemand strafbar macht.“
Martin Thomas, grüner Vertreter im Ausschuß, meint dagegen, daß er gut auf sich selbst aufpassen kann und den „liebevollen Schutz des Herrn Präsidenten“ nicht benötigt. Esgehe darum, ob sich Parlamentarier zu unterwerfen hätten, „wenn irgenwelche Bürokraten bei der Polizei Schriftstücke mit dem Stempel 'vertraulich‘ versehen.“
Vertraulich ist für Polizei, Innenbehörde und den dienstbereiten Präsidenten der Bürgerschaft zum Beispiel die Polizeidienstvorschrift 132: „Bei der Befreiung von Geiseln kann bei übergeordneten Interessen eine erhöhte Gefährdung der Geiseln unumgänglich sein.“ Thomas fordert
auf Seite 450 die Abschaffung der PDV 132 in diesem Punkt. Die zweite Fundstelle für den Zensor stand auf Seite 397: „Über die Bewilligung von Lösegeld, Veröffentlichung in den Medien, sowie ähnlich gewichtige Forderungen entscheidet der Krisenstab (sofern zusammengetreten), sonst der Amtsleiter im Einvernehmen mit dem Senator für Inneres.“ Mit diesem Zitat wollte Thomas belegen, daß der damalige Innensenator die Möglichkeit gehabt hätte, sich mehr einzumischen, als der Bus mit den 27 BremerInnen entführt worden war.
Der Untersuchungsausschuß hatte für die gemeinsamen Feststellungen des Ausschusses be
schlossen, daß als vertraulich deklarierte Dienstvorschriften nicht wörtlich zitiert werden. Allerdings hatten sich die Parlamentarier dadurch nicht verpflichtet gesehen, die Änderung eines Minderheitenvotums zu verlangen. Dies sei, so fand zum Beispiel auch die CDU, in die politische und persönliche Verantwortung derjenigen gestellt, die ein solches Votum einbringe. Eine Argumentation, die Klink nicht einleuchtet: „Ich habe dem Ausschuß gesagt, daß er nicht auf der einen Seite Vertraulichkeit beschließen und dann so etwas zulassen kann.“ Und mit Verweis auf Antrag des Senats, Vertrauliches unter der Decke zu halten, meint der oberste Interessenwahrer der Bremer Parlamentarier: „Ein Untersuchungsausschuß sollte sehr geanu überlegen, wie
er mit solchen Anträgen umgeht. Ich rate zur Vorsicht.“
Der Innensenator will mit Klinks Zensur nichts zu tun haben. Sakuths Sprecher: „Der Senator hat keinen Antrag gestellt, Stellen zu weißen. Auf Anfrage aus der Bürgerschaft über den Charakter dieser Zitate haben wir geantwortet: 'Die sind nur für den Dienstgebrauch.'“ Im Untersuchungsausschuß war die Dienstanweisungen noch Gegenstände langer öffentlicher Erörterungen gewesen.
In dem Klink gestern übergebenen Bericht sind die die inkrimierten Stellen noch enthalten. So kann der Präsident bis Dienstag überprüfen, ob der Abgeordnete Thomas vor seiner Meinung geschützt werden muß. Der Ausschuß hat um Stellungnahme gebeten.
hbk
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