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„Drogenarzt“ freigesprochen

■ Der Vorwurf der fahrlässigen Tötung eines Patienten gegen den Mediziner brach vor Gericht zusammen / Arzt hatte Hustenmittel als Ersatzdroge zum Entzug verschrieben

Kiel (taz) - Der Strafprozeß gegen den sogenannten „Drogenarzt“ Gorm Grimm endete gestern vor dem Kieler Landgericht mit einem Freispruch. Dem Mediziner war von der Anklage vorgeworfen worden, einen Patienten im Jahre 1984 durch die Verschreibung des kodeinhaltigen Hustenmittels Remedacen, des Angstlösers Tavor und des Schlafmittels Vesparax mite fahrlässig getötet zu haben.

Grimm behandelt seit 13 Jahren mehrere hundert alkohol- und heroinsüchtige PatientInnen aus Hamburg und Schleswig -Holstein mit Ersatzdrogen. Als Heroinsubstitut wird von ihm hauptsächlich Remedacen verwandt. Wegen dieser Praxis wird Grimm seit Jahren von Ärztevereinigungen und Staatsanwaltschaft mit Verfahren überzogen. Gestern fühlte er sich seit langer Zeit erstmals nicht mehr als Verfolgter und dankte dem Gericht für die gründliche Verhandlungsführung. Während des vorherigen Prozeßverlaufs hatte er zweieinhalb Monate lang jede Aussage verweigert.

Der Freispruch, für den Verteidigung und Staatsanwaltschaft plädierten, kam kaum überraschend. Zu deutlich waren während des Prozeßverlaufs Widersprüche und Nachlässigkeiten bei der gerichtsmedizinischen Auswertung des Todesfalls geworden. Mehr als zwei Monate lang hatten fünf gerichtsmedizinische und toxikologische Sachverständige vergeblich zu klären versucht, ob die von Grimm verordnete Tablettendosis die Todesursache sei oder zusammen mit anderen Faktoren zum Tode geführt haben könne. Unter Zuhilfenahme ganzer Bibliotheken und mit Rückendeckung von Drogenexperten aus der BRD und den USA hatte Grimms Anwalt Wolfgang Kubicki - er ist seit wenigen Monaten FDP-Vorsitzender in Schleswig-Holstein - die anfängliche Sicherheit der Sachverständigen der Anklage erschüttern können. Der Vorsitzende Richter Peter Bade hatte kommentiert: „Wir haben in diesem Verfahren alle dazugelernt, insbesondere auch die Herren Sachverständigen.“

Für Staatsanwalt Burger Lux war die Todesursache auch am gestrigen Mittwoch noch völlig klar: Medikamentenmischintoxikation. Trotzdem treffe Grimm kein strafbares Verschulden. Der verstorbene Patient sei als erfahrener Drogenkonsument über die Risiken von Überdosierung aufgeklärt gewesen. Lux erwartet, daß sich jetzt die Ärztekammer mit Grimms Verschreibungspraxis beschäftigt. Die kassenärztliche Vereinigung ist bereits damit befaßt. Sie befindet sich mit Grimm im Rechtsstreit, ob er das Hustenmittel Remedacen für die Heroinsubstitution zweckentfremdet hat und verlangt, daß die „Remis“ nur auf Privatrezept verschrieben werden dürfen. Grimm dagegen will die Ersatzdroge weiterhin auf Krankenschein verschreiben.

Oetting/Feldner

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