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Träume, Tod und Stricken

■ Die „Wilden Frauen“ mit dem Stück „Fische in den Bäumen“ beim Frauentheaterfest

Die ältere Dame vermutet mal Zerrissenheit als Motiv. Von zwei Freundinnen gesteht eine, am Anfang fast nichts verstanden zu haben, das aber bis zum Schluß; die zweite überlegt, wie sie das gleich in der Kneipe erzählen soll. Was soll ich da sagen?

Eine Königinpastete für eine Überraschung!! Aber Frauen haben's eben schwer, und das paßt wohl nicht auf die leichte Schulter. Erst recht nicht im Frauentheater. Und so gibt es doch wieder redlich selbsterfahrenes Erfahrungstheater, mit kleingehackten Fantasie-Einlagen zum Wiedererkennen, gezuckert mit ein paar komischen Szenen, gebunden durch die Topoi „Reisen“

und „Deutsche Bundesbahn“ (die die Produktion unterstützt hat).

„ZwillenZickenZoten“ am Montagabend: das Frauentheater „Wilde Frauen“ gastiert mit seinem (ersten) 27 Szenarien -Stück „Fische in den Bäumen“. Die fünf „Wilden Frauen“, „übriggeblieben“ als fester Zusammenschluß vom Frauentheaterfestival der freien Szene 1988 in Hamburg, spielen Frauenleben im Fünferpack. Mit großen Gesten, kleinen Katastrophen und hold-hysterischen Heroen. Das sind 1 Nonne, 1 Schauspielerin, 1 Alte, 1 Archäologin, 1 Art Ehefrau.

Zusammengewürfelschüttet sitzen die fünf Frauen alias Lebensläufe in einer Art Zugabteil

mit Büßerbankanleihe. Im Abteil und aus dem Abteil heraus schält sich nun Weibliches, allzu Weibliches. Vom Katastrophengefühl Du-Schreck-mein-Ohrring-ist-weg-ist-das -Zufall? bis zu Aber-Gläubigkeit, Menstruation, Indisposition, Hypochondrimus, Träumen, Tod und Stricken. Zwischen den Abteil-Szenen hochtiefe Bedeutungsschwangerschaften: Die Nonne (Ulrike Johannson) ist nicht nur eigentlich schwanger (Achtung Doppelbedeutung!), sondern darüber hinaus auch noch prinzipiell Maria und gottverlassen, die Archäologin (Dagmar Dorsten) hat ein Füllhorn, was auch noch von Pandora die Büchse ist, lauernd im hi

storischen Hinterhalt Zeus, der Urvater aller Ekelväter. Die Schauspielerin (Gabriele Kloske), die „lieber 'n Zirkuspferd als 'ne Schattenmorelle“ sein möchte, ist vor allem marzipanschweinchenrosa angezogen, die Ehefrau (Lena Nordberg) hat einen unerledigten Kinderwunsch und ist deshalb zusätzlich noch Bibel-Sarah, die Spätgebärende. Die Alte (Mo Bunte) ist nicht nur schwarz angezogen, sondern denkt auch so, den ehemaligen Ehemann in der Urne immer bei sich bei.

„Ich bringe die Wahrheit an den Tag“, orakelt es aus der Pandora-Archäologin. Aber es gibt ja so viele Wahrheiten, welche packen wir rein? Am besten alle. Und direkt nach den Wahrheiten kommen die Assoziationen: Da wird aus den gackernden Reisenden die Assoziation „Hühner“, was die Assoziation „Kopf ab“ hervorbringt, was wahlweise die Assoziationen „Ei“ oder „Messer“ hervorbringt, auf jeden Fall aber auf irgendetwas anderes verweist. So erschlägt eine Assoziation die andere.

Und so spielspult sich die weibliche Handlung ab (Text und Dramaturgie: Ingrid Oesterhelt, Regie: Ann-Christin Rommen), mit Claudia Croon am Klavier, mal dräuend als Umbaubegleitung, mal begleitend als Dräuverstärkung, und manchmal verschieben sich, aus dramaturgisch recht unersichtlichen Gründen, die farblosen Trennstellwände. Im letzten Bild zappelt jede für sich nochmal wie eine Spieldosenfigur, sind wir nicht alle Marianetten!

Draußen läßt dramatischer Nebel die spärlichen 30 Zuschauerinnen verschwinden wie ein echter Vorhang. Beim Frauentheater spielt die Wirklichkeit eben immer mit. Claudia Kohlhas

Heute nochmal um 19.30 Uhr im Theater am Leibnizplatz.

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