: Ruhe in Brunsbüttel
■ 65 defekte Schrauben zwingen Kieler Energieminister Jansen zur vorläufigen Stillegung des Siedewasser-Reaktors / Töpfer will fünf weitere AKWs überprüfen
Berlin (taz/dpa) - Wegen der Gefahr von Leitungsbrüchen am Reaktorsicherheitsbehälter wird der Siedewasserreaktor Brunsbüttel vorerst nicht wieder ans Netz gehen. Das verfügte der schleswig-holsteinische Energieminister Günther Jansen am Dienstag in Kiel. Bei der Jahresrevision des AKWs seien „eine ganze Menge von Problemen aufgedeckt“ worden, erklärte Jansen. Bereits ein Jahr nach einem Austausch seien 65 von insgesamt über 200 Befestigungsschrauben an sogenannten Isolationsventilen schadhaft. Die Ventile sollen bei einem Rohrbruch verhindern, daß radioaktiver Dampf aus dem Sicherheitsbehälter strömt und zugleich eine Kernschmelze eintritt.
Bundesumweltminister Töpfer hat unterdessen angekündigt, neben dem Brunsbütteler Atommeiler fünf weitere Siedewasserreaktoren in der Bundesrepublik auf mögliche Schäden überprüfen lassen zu wollen. Der Physiker Lothar Hahn vom Öko-Institut in Darmstadt, der auch als Berater des Kieler Ministers tätig ist, erklärte gegenüber der taz, in Brunsbüttel handele es sich um Schäden, die an den gleichen Schrauben bereits vor Jahresfrist entdeckt worden waren. Damals seien die schadhaften Schrauben - offenbar ohne Erfolg - ausgetauscht worden.
Nach einem Bericht des Fernsehmagazins Panorama stand das AKW Brunsbüttel bereits am 27.September wegen der Gefahr eines Bruchs von Frischdampf- und Speisewasserleitungen unmittelbar vor der Stillegung. Damals hatte der Kieler Minister Jansen die Abschaltung der Anlage in einem Telefax an Töpfer noch für denselben Abend angekündigt. „Mit dem Fehlen des Bruchausschlusses an den Rohrleitungen außerhalb des Sicherheitsbehälters liegt (...) eine atomrechtliche Gefahr vor, die unverzüglich die einstweilige Stillegung auslösen muß. Diese werde ich heute spätestens um 20.00 Uhr verfügen.“
Doch den Worten folgten keine Taten. Nach einer Intervention Töpfers noch am selben Tag knickte Jansen ein. Der Vorgang blieb geheim.
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