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In Swakopmund wird auch für Walvis Bay gewählt

■ Die Bewohner der von Südafrika besetzten namibischen „Walfischbucht“ haben einen weiten Weg zu den Wahlurnen

Swakopmund (taz) - Schon am Mittwoch waren die Menschen bereits am frühen Morgen vor dem Bürgermeisteramt von Swakopmund erschienen. Swakopmund, das ist die älteste „deutsche“ Stadt in Namibia. „Es läuft so friedlich, daß es mir fast gleich ist, wer gewinnt“, freute sich Wahlbeobachter Manfred Fritsch, einer von rund 3.000 Deutschstämmigen in der knapp 15.000 Einwohner zählenden Küstenstadt.

Sein „Kollege“ von der südwestafrikanischen Befreiungsbewegung Swapo, Lukas Hangula, ist ebenfalls auf Ausgleich bedacht, wenngleich er auf einen „überwältigenden Wahlsieg“ hofft. „Wir haben lange nebeneinander hergelebt. Jetzt reden wir miteinander, weil wir unabhängig werden.“

Aber zur Wahl der Verfassungsgebenden Versammlung, die am Ende des Monats zum ersten Male zusammentreten wird, reihen sich nicht nur die Bürger von Swakopmund auf. Mehr als 25.000 Stimmberechtigte sind hier registriert, und viele kommen aus dem 35 km entfernten Walvis Bay. Dort wird nicht gewählt. Die im vergangenen Jahrhundert zunächst von Großbritannien besetzte „Walfischbucht“ mit dem bedeutenden Tiefseehafen wird nach wie vor von Südafrika verwaltet. Und das, obwohl die Vereinten Nationen wiederholt die „südafrikanische Besetzung dieser Enklave und der davor liegenden Pinguininseln“ für völkerrechtswidrig erklärt haben.

Gabriel Tjombe war am ersten Wahltag schon im Morgengrauen aus Walvis Bay nach Swakopmund gekommen. „Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich war viel zu aufgeregt“, erzählte er schließlich auf dem Nachhauseweg. Gabriel ist erst 18 und geht noch zur Schule. „Ich hab‘ Glück gehabt. Gerade jetzt, wo ich darf, sind zum ersten Mal Wahlen.“ Davon freilich merkt man im „weißen“ Walvis Bay nichts. Es gibt hier keine Wahlplakate, keine Fahnen, keine Parteienvertretungen.

Einzige Ausnahme: die „Demokratische Turnhallen-Allianz“ (DTA), die als einzige der zehn zur Wahl stehenden Parteien von der südafrikanischen Verwaltung hier geduldet wird. Das bringt der als „Onkel-Tom-Partei“ verschrienen DTA im Township Kuisebmond freilich wenig Achtung ein. Über den Dächern der meisten Häuser wehen kleine Swapo-Flaggen, und auf vielen Türen sowie Fensterscheiben kleben ihre Wahlplakate oder das Porträt Sam Nujomas. Die künftige Verfassung des unabhängigen Namibias muß von zwei Dritteln der zu wählenden 72 Abgeordneten gebilligt werden. In der Nachbarschaft südafrikanischer Feindseligkeit ist die „nationale Aussöhnung“ unter Namibiern offenbar nicht nur ein Frage des Stimmenproporzes.

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