: Familienbetrieb Reggae
■ Andrew Tosh & the Tosh Band waren im Modernes
Sie schrumpft, die Reggae-Ge meinde, zweifellos, aber immer noch ist sie gegenüber den geschlossenen Fraktionen der übrigen Rockszene derart fröhlich mixed-up, daß schon die Atmosphäre der Konzerte wirkt wie die Befreiung aus dem Ghetto. Halbvoll war das Modernes mit schwarzen und weißen Menschen, die gekommen waren, Andrew Tosh zu erleben, einen jener noch fast jugendlichen Musiker'die in den riesigen Fußstapfen ihrer Daddies festen Boden suchen: Mehr noch als ihre Überväter führen sie uns vor Augen, wie sehr die Rockmusik in die Jahre gekommen ist.
Nun ist beim Reggae alles irgendwie anders. Der Rastakram rund um Vibrations, Religion und Ganja ist derart jenseits von Gut und Böse, daß er trotz aller abgedroschenen Rituale vielleicht noch die einzige Popvariante mit bösen, weil unheimlichen Elementen ist. „Legalize it“ rief denn auch Andrew Tosh nach Art des Papas und zollte dem Rastafari-Kult und seiner göttlichen Sehnsucht nach Afrika Tribut.
Doch ansonsten erwies er sich als netter Junge, wirbelte in schlabbrig buntem Anzug schlaksig über die Bühne, sang seine eigenen Songs und ließ Erinnerung an den Vater im ersten Teil eigentlich nur durch seine Band aufkommen. Die nämlich besteht durchweg aus alten Reggae-Hasen, allein drei der Sieben waren Mitglieder der „Peter Tosh Band“. Carlos „Santa“ Davis an den Drums hielt ungemein kraftvoll und präzise die Songs zusammen, der Star der Band, einen besser das Konzept tragenden Schlagzeuger sah ich lange nicht. Keyboarder Keith McLeod lie
ferte in bester Manier das melodische Gerüst und Vince Black (nicht aus Papa Peter Toshs Band, aber trotzdem lange im Geschäft) gab der Musik den modernen Touch: Seine heavy -lastige Leadgitarre durchbrach nervös den schleppenden, auf Dauer eintönigen Groove des Reggae. Die obligatorische Reminiszenz an den Vater im zweiten Teil geriet Andrew Tosh erfrischend selbstbewußt und alles andere als trauerschwer. Andrew Tosh braucht sich nicht aus dem Schatten des Vaters zu lösen, er steht gar nicht drin. Er repräsentiert die neue, aggressive Form des Reggae. Jeder Familienbetrieb muß sich den neuen Zeiten eben anpassen, wenn er überleben will. Rainer Köste
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