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Ein Bildungsprogramm von Dubski und Preiß: 2. Hudson

Hudson war ein Junge mit vielen kleidsamen Ideen in seinem Kopf, aber jetzt schloß er ihr erstmal die Tür auf.

Nach der Fahrt hatte der ältere Herr Margot freundlicherweise noch direkt zu der Adresse gebracht, die ihre Freundin ihr genannt hatte. Dort könne sie ein paar Tage den Kopf zwischen die Wände stecken. Eigentlich sollte sie vorher anrufen, aber sie wollte Hudson lieber unmittelbar kennenlernen und dann entscheiden. Hudson, nach Auskunft ihrer Freundin eine Person, die Nähe und Distanz wohl zu unterscheiden wüßte, schien allerdings ein wenig schüchtern und verlegen. Nur Mut, sagte sich Margot, man muß mit den Widersprüchen leben, und trat, für alles Neue aufgeschlossen, in die Wohnung. Hudson wollte ihr irgend etwas anbieten und sagte: Also, was soll ich sagen, eine schwierige Situation. Das bin ich also. - Ja, antwortete Margot, und das bin ich. Offenbar hatte ihre Freundin sie schon angekündigt. Durchaus liebenswürdig, aber etwas fiebrig erschien er ihr. Nachdem ihre Blicke im Zimmer umhergeschweift waren - Spuren von Büchern, Zeitschriften, Kabeln und Apparaten gingen über mehrere Tische - sagte ihr eine innere Stimme ob der spezifischen Art der Unordnung: Hudson, das ist sicherlich jemand, der auch in sich viel Leben hat.

Nun äußerte sie, wie zur Entspannung der einengenden Situation, es sei ja nur vorläufig und für ein paar Tage und überhaupt nur, falls es ihm nichts ausmache. Hudson, der ihr den Rücken zudrehte, weil er einen Apparat beruhigen mußte, stockte. Andere verstehen, um sich selbst kennenzulernen, murmelte er und noch einmal und dann sprach er lauter in schierer Offenheit: Aber warum nur ein paar Tage?

Margot war beruhigt, sie störte wohl nicht allzusehr. Doch Hudson fuhr fort: Warum nur ein paar Tage, wenn Außen und Innen ansprechen, warum nur für ein paar Tage..., und er wurde immer nervöser. Margot, die seine Gastfreundschaft beleidigt zu haben schien, interessierte sich für seine Apparate. Auf einem Bildschirm las sie: Schöner schlanker PC-Capitän hat die Nase voll von Floppydisks und sucht Festplatte...

Und sie las noch einmal und sie verstand und sie verstand. Hier heißt es „getting out“ und nicht „coming out“, fuhr es ihr durch den Kopf und schon knallte die Wohnungstür hinter ihr. Hudson aber öffnete an diesem Tag die Tür nicht mehr, obwohl es noch zweimal klingeln sollte. Fortsetzung folg

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