: Der DFB lockert das Brett vorm Kopf
■ Die Fan-Projekte werden nicht länger ignoriert, aber Geld kriegen sie nicht / Vereine interesselos
Loccum (dpa) - Geld gibt es keines, dafür erstmals gute Worte: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat die Fans als Gesprächspartner akzeptiert. DFB-Ligasekretär Wilfried Straub und die seit Mai existierende Bundesarbeitsgemeinschaft der Fan-Projekte (BAG) vereinbarten für den kommenden Januar einen Verhandlungstermin.
„Ich bin peinlich berührt von der Harmonie“, erklärte der Soziologe Gunter Pilz (Hannover) während einer Tagung in Loccum. Die Forderungen der Fan-Projekte nach finanzieller Unterstützung für ihre sozialpädagogischen Maßnahmen durch den größten Fußballverband der Welt liegen seit mehreren Jahren auf dem Tisch. Straub: „Der DFB zahlte kein Geld an die Projekte.“
Durch den Zusammenschluß der Projekte in Hamburg, Bremen, Hannover, Dortmund, Mannheim, Karlsruhe und Mönchengladbach ist für den DFB ein „adäquater Verhandlungspartner“ entstanden. Geld wird allerdings in Zukunft aus der Frankfurter DFB-Zentrale allenfalls im Rahmen einer „konzertierten Aktion“ mit öffentlichen Trägern in die Projektkassen fließen. Die Vereine zeigten erneut für die Wünsche und Bedürfnisse ihrer jugendlichen Kunden großes Desinteresse.
Der Einladung nach Loccum waren aus dem Kreis der 38 Klubs beider Bundesligen nur Schatzmeister Werner Wirsing (Borussia Dortmund) sowie die Fan-Beauftragten von Bayer Leverkusen, Borussia Mönchengladbach (hier wurde - ein Novum - von den Fans selbst ein Projekt gegründet) und Hannover 96 gefolgt. Wirsing betonte die Rolle des Fans als Werbeträger für den Verein und forderte die Bundesliga-Konkurrenten zu Investitionen in diesem Sektor auf.
BAG-Sprecher Peter Koch (Hamburg) beurteilte die Politik der kleinen Schritte optimistischer als Fan-Forscher Pilz: „Noch vor einem Jahr vertrat DFB-Präsident Hermann Neuberger die 'Knüppel-aus-dem-Sack-Auffassung‘. Jetzt setzt sich die Einsicht durch, daß auch die Arbeit von uns Sozialarbeitern einen Beitrag zur Gewalteindämmung leisten kann.“ Straub erklärte dazu: „Die Polizei muß präsent sein, wir wollen aber keine Polizeispiele. Im Vergleich zu den Niederlanden und England und zu früheren Verhältnissen bei uns ist das Fan-Problem geringer geworden, was zum Teil auch an der Projektarbeit liegt.“
An der Spitze der offenen Fragen steht das Finanzierungsproblem. „Die Kluft zwischen verbalen Bekundungen und praktischen Hilfsmaßnahmen ist sehr groß“, sagte Wolfram Ochs (Frankfurt) von der Deutschen Sportjugend. Die Fußballfans, die eine äußerst vielschichtige Gruppe darstellen, werden von den freien Jugendverbänden und den Kommunen oft gar nicht als Problemfeld wahrgenommen. Nicht immer zeigt sich die öffentliche Hand so großzügig wie in Hamburg, Bremen oder Hannover, wo das niedersächsische Kultusministerium das Fan -Projekt mit 500.000 Mark für fünf Jahre unterstützt.
Eine Ausgrenzung der gewaltbereiten „Hooligans“ aus der Fan -Gemeinde lehnen Sozialarbeiter und der überwiegende Teil der Fans ab. In der Subkultur „Fußballfan“ können, so der Soziologe Pilz, Jugendliche ihre Bedürfnisse nach Selbstbestätigung, Abenteuer, Spannung und Risikoerlebnissen ausleben. Ein Restrisiko an Randale bleibt auch bei Betreuung erhalten.
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