: Ortega begrüßt den Einsatz der ONUCA
Die Einrichtung der UNO-Friedenstruppen bedeutet einen diplomatischen Erfolg für die Sandinisten / USA mußten einlenken / BRD beteiligt sich mit medizinischer Einheit / Bush will Handelsembargo aufheben, wenn Violeta Chamorro Präsidentschaftswahlen gewinnt ■ Von Ralf Leonhard
Managua/Washington (taz) - Die UNO-Friedenstruppen, deren Aufstellung der Sicherheisrat am Dienstag einstimmig beschlossen hatte, könnten zunächst bei der Rückführung der eingesickerten Contras eine wichtige Rolle spielen. Diese Einschätzung der „Beobachtergruppe der Vereinten Nationen in Zentralamerika“ (ONUCA) traf Daniel Ortega am Mittwoch während einer öffentlichen Rede anläßlich des dreizehnten Todestages des Parteigründers Carlos Fonseca.
Die ONUCA umfaßt 260 Militärbeobachter und 365 Zivilisten, zu denen Techniker, Piloten und Mediziner gehören. An der Truppenzusammenstellung werden sich neben der Bundesrepublik auch Spanien, Kanada und wahrscheinlich auch Kolumbien und Venezuela beteiligen. Bonn stellt dabei die medizinische Einheit, die aus Ärzten und Krankenpflegern des Deutschen Roten Kreuzes besteht.
Die Entscheidung der UNO, die nur noch von der Generalversammlung abgesegnet werden muß, bedeutet einen diplomatischen Erfolg für die Sandinisten und ein erstes Einlenken der Vereinigten Staaten. Die Vertretung der USA hat von ihrem Vetorecht keinen Gebrauch gemacht, obwohl die Blauhelme der UNO-Truppen den Schützlingen der USA, den Contras, schaden werden. Nicaragua hatte bereits nach dem ersten Demobilisierungsbeschluß im Februar dieses Jahres die Schaffung einer internationalen Grenzüberwachungstruppe gefordert. Sie soll dafür sorgen, daß keine irregulären Truppen die Grenze überschreiten können.
Der honduranische Präsident, der besorgt war, daß sich eine aufgelöste Contra zu einem Sicherheitsproblem für sein Land entwickeln könnte, forderte dann auf dem jüngsten Gipfel im August die Entsendung von Blauhelmen. Die zivilen ONUCA -Kontingente werden in den jeweiligen Hauptstädten stationiert sein und über ausreichende Transportmittel verfügen, um sich jederzeit zur Beobachtung auch in die entlegensten Gebiete zu begeben.
In Washington gab US-Präsident George Bush unterdessen bekannt, daß er bereit sei, das Handelsembargo gegen Nicaragua aufzuheben, wenn die oppositionelle Präsidentschaftskandidatin Violeta Barrios de Chamorro die Wahl im Februar gewänne. Das Handelsembargo gegen Nicaragua wurde 1985 vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan angeordnet und ist ein wesentlicher Faktor für die desolate wirtschaftliche Situation Nicaraguas. Der Mitteilung Bushs ging eine halbstündige Unterredung mit Chamorro voraus, in der sie ihm den Wunsch nach wirtschaftlicher Hilfe zum Wiederaufbau Nicaraguas vortrug. Er sehne den Tag herbei, ließ Bush danach die Presse wissen, an dem Nicaragua nach Jahrzehnten der Diktatur mit dem Wiederaufbau beginnen könne.
Zu Journalisten sagte die Präsidentschaftskandidatin Chamorro, bei „sauberen Wahlen“ habe Daniel Ortega keine Chancen. Von der US-Wahlkampfhilfe für die nicaraguanische Opposition habe sie keinen Pfennig erhalten, beteuerte Violeta Chamorro, die in Washington außer mit Bush auch mit den demokratischen und republikanischen Fraktionschefs zusammenkommt. Danach wird sie sich auf eine Europareise begeben, bei der sie neben Spanien und dem Vatikan wahrscheinlich auch die Bundesrepublik besucht.
In Managua richtete Staatschef Ortega scharfe Angriffe gegen die Oppositionskandidatin. Er nannte sie eine „Söldnerin im Dienste der US-Politik“ und warf ihr Vaterlandsverrat vor. Das Volk, prophezeite Ortega, werde sie bei den Wahlen mit dem Stimmzettel begraben.
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