Volksmusik ohne Tümelei

■ Folk-Initiative lud DDR-Gruppe „Jams“ nach Bremen

Unglückseligerweise besteht Volksmusik aus Volk und Musik. Mit dem Volk wurde und wird viel Schindluder getrieben, und die Musik dient dabei als Schmiere, die mit Heile-Welt -Ideologien Widersprüche zukleistert. Skepsis ist ein angemessene Haltung, wenn ein Konzert unter dem Titel „Neue Volksmusik aus der DDR“ angekündigt wird. Besonders, wenn im zweiten Teil zum Volkstanz aufgefordert wird (das ist doch das mit den gesunden blonden Mädchen mit geflochtenem Haar).

In einer Veranstaltung der Folk-Initiative spielte die Ostberliner Gruppe Jams im Lagerhaus

Schildstraße Musik, die weit entfernt ist von jeder Volkstümelei und auf der anderen Seite nie in Gefahr gerät, Volksmusik zu modischer Folkrockpampe zu degradieren.Die Musik europäischer Völker ist der Fundus, dessen Material die Gruppe als Grundlage einer eigenständigen Musik nutzt. Haupteindruck im Konzert ist die vitale Virtuosität, die alle MusikerInnen gleichermaßen auszeichnet und die ebenso für die Gruppe als Ganzes gilt. In diesen Rahmen betten sich die Feinheiten ein: Kunstvolle Übergänge und musikalische Verdichtungen, überraschende rhythmische Wendungen und eine Phrasierung, die mal nach vorne geht, dann aber wieder gerundete zärtliche Züge hat.

Jams macht reine Instrumentalmusik. Den Kern der Gruppe bilden fünf MusikerInnen, die seit vielen Jahren zusammenspielen. Das hat eine Geschlossenheit zur Folge, die ab und zu einen Stachel braucht, der wider Einheit und Perfektion im Zusammenspiel löckt. Dieser Stachel ist der Schlagzeuger Mario Würzebesser, ein Jazz-Schlagzeuger, hervorragend ausgebildet und wie besessen trommelnd. Das Publikum war fasziniert und begeistert.

Im zweiten Teil dann der Volkstanz. Für mich eine fremde Welt, den Leuten scheint's aber Spaß zu machen. In der DDR spielt Jams regelmäßig für ein Riesenpublikum zum Tanz. Eine harte Arbeit, die jedoch vor Akademismus schützt und die vitalen Elemente der Musik betont.

Andreas Lieber