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Hohle Geste

(...) Träume, die wir nicht zu träumen gewagt haben, wurden wahr. Das Unvorstellbare wurde Realität. Und wie wir von dieser Grenze niedergedrückt worden waren, wurde uns erst bewußt, als wir nach 28 Jahren zum ersten Mal wieder tief durchatmeten: Die Grenzen funktionieren nicht mehr! Die Feindbilder lösen sich auf!

Und unsere PolitikerInnen? Sie zeigen „angemessene“ Freude und ergehen sich in neuen politischen und wirtschaftlichen Perspektiven. Doch keiner spricht wirklich aus, was wir alle empfinden: daß nämlich diese Geste der Versöhnung auf der Mauer eine hohle Geste bleibt, solange unsere Waffen auf die Menschen dort drüben und ihre Waffen auf uns gerichtet bleiben - jederzeit einsatzbereit! Verschwiegen wird, daß zu einer echten Versöhnung normalerweise gehört, daß die GegnerInnen ihre Waffen fallen lassen!

Die Menschen im Osten haben wochenlang biespielhaft und gewaltlos gekämpft, um eine der unmenschlichsten Grenzen zu überwinden. Ist es jetzt nicht unsere Aufgabe, genauso auf die Straße zu gehen und lauthals den Abbau der Waffen zu fordern, die uns immer noch trennen? (...)

Marliese Keppler, Böel

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