: Wie aus einer anderen Zeit
■ DDR-Bürger im Mauer-Museum am Checkpoint Charlie Zur Zeit kommt etwa ein Viertel der Besucher aus der DDR
„Das ist wie aus einer anderen Zeit“, meint ein Arbeiter aus dem Bezirk Cottbus. Er ist am Freitag in das Mauer-Museum am Checkpoint Charlie gekommen. Hier will er „Geschichte entdecken“. Den Aufwand findet er beeindruckend, die Darstellung jedoch manchmal „etwas übertrieben“.
Nach Angaben von Reiner Hildebrandt von der „Arbeitsgemeinschaft 13.August“ kommt derzeit etwa ein Viertel der Besucher aus der DDR. Stark besucht war das Museum am Freitag abend jedoch nicht, während draußen bereits der Rückreiseverkehr nach Osten einsetzt.
Ein Student, der im Ostberliner Bezirk Prenzlauer Berg lebt, ist erstaunt darüber, daß in dem Museum nicht nur die 28jährige Geschichte der Mauer behandelt wird, sondern in einem Raum auch die Geschichte der gewaltfreien Bewegungen, von Gandhi bis zu Raketen- und AufrüstungsgegnerInnen in der Bundesrepublik der achtziger Jahre. Einen Teil der ausgestellten Fluchthilfen - Fesselballons, Autos mit doppeltem Boden oder gebastelter Panzerung - kannte er schon durch das Westfernsehen. Aber „seit man bei uns offen über alle Probleme spricht, stört mich alles noch viel mehr“, meint er. Er ist bereits das zweite Mal in West-Berlin. Am Freitag letzter Woche nach der Maueröffnung war er bald wieder umgekehrt, der Rummel war ihm zu groß.
Den Westen sehr hektisch findet auch ein junger Mann aus dem Bezirk Prenzlauer Berg, der kurz vor dem Bau der Mauer im West-Berliner Bezirk Wedding zur Welt kam. Seine Schwester wohnt heute noch im Wedding. Das Mauermuseum am Checkpoint Charlie stimmt ihn traurig. Ein Bekannter von ihm starb 1985 im Bezirk Magdeburg an der innerdeutschen Grenze bei einem Fluchtversuch. Die neue Reisefreiheit kostet er voll aus. Sein Paß ist voller Stempel, jeden Abend nach seiner Arbeit macht er eine Tour in den Westteil der Stadt: „Berlin angucken!“
Auch den Besucher aus dem DDR-Bezirk Cottbus drängt es bald aus dem etwas bedrückenden Haus an der Mauer in die Stadt, die er „unsere Stadt“ nennt. Er ist zum ersten Mal in West -Berlin und will jetzt erst einmal in der Stadt bummeln gehen. Ob er sich ein Museum über die Mauer auch in Ost -Berlin vorstellen kann? - „Ausgeschlossen!“
afp
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