„Ein grüner Luftballon“

■ Senat will Naturschutzverbänden auch in Zukunft kein volles Klagerecht einräumen / Heftige Kritik an Novelle zum Berliner Naturschutzgesetz / AL-Umweltsprecher: Bausenator erzwang Kompromiß

Als einen „grünen Luftballon“ bewertete der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) die vom Senat am Dienstag beschlossene Ergänzungsvorlage zum Entwurf eines Berliner Naturschutzgesetzes. Gleich in drei wichtigen Punkten sei die noch von der alten CDU/FDP-Regierung erarbeitete Gesetzesnovelle verbessert worden, hatte Umweltsenatorin Schreyer verkündet.

Zum einen würden so die Mitwirkungsrechte der Naturschutzverbände erheblich über den bundesgesetzlich vorgesehenen Mindeststandard hinaus erweitert. Die Verbände sollen nunmehr auch bei Befreiungen von Ver- und Geboten, die zum Schutz von Landschaftsschutzgebieten erlassen wurden sowie bei der Erteilung von Genehmigungen von Anlagen in und am Wasser „mitwirken“ können. Darüber hinaus werde, wie es hieß, deren Mitwirkungsmöglichkeit bei der Vorbereitung von landesrechtlichen Vorschriften gesetzlich festgeschrieben. Vor allem jedoch werde das Klagerecht der Verbände gestärkt: Die Klausel, wonach die Verbände nur dann klageberechtigt seien, wenn ein anderweitiges Klagerecht nicht bestehe, entfalle. Weiteres Bonbon: Die sogenannte Eingriffsregelung zum Schutz von Natur und Landschaft soll künftig auch dann greifen, wenn der Bebauungsplan vor dem Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes im Jahre 1976 festgesetzt werde.

„Wir können weiterhin nur bei Planfeststellungsverfahren und auch nur unter bestimmten Bedingungen klagen“, kritisierte demgegenüber der stellvertretende Vorsitzende des Berliner BUND, Stefan Bundscherer. Nach Einschätzung des Verbandes können die meisten Verstöße gegen das Naturschutzgesetz auch fürderhin nicht gerichtlich angefochten werden. So dürfe eine Behörde, die Eingriffe in die Natur plane, auch gegen das Votum der Naturschutzverwaltung wie früher selbst über die notwendigen ökologischen Ausgleichsmaßnahmen befinden, bemängelte auch die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN). Statt des geforderten Einvernehmens zwischen der „Eingriffsbehörde“ sei gegebenenfalls nur eine erneute Rücksprache vorgesehen, so die unzufriedenen Verbände.

Ein ganz anderes „Vetorecht des Naturschutzes“ hielt auch der umweltpolitische Sprecher der AL-Fraktion, Berger, für notwendig. Berger zufolge mußte Senatorin Schreyer in dieser Frage deshalb „klein beigeben“, da die Bauverwaltung sonst den jetzt beschlossenen Gesetzesentwurf nicht mitgezeichnet hätte. Die AL habe freilich „stillgehalten“, weil sie von vorneherein mit der SPD zusammen eine parlamentarische Gesetzesänderung beabsichtigt habe, erklärte der Abgeordnete die hohe Kunst des politischen Taktierens.

thok