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Zu hoch gepokert

Die UNO-Vollversammlung verurteilt die bundesdeutsche Zusammenarbeit mit Südafrika  ■ G A S T K O M M E N T A R

Die Verurteilung des U-Boot-Geschäfts durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen ist der schwerste Rückschlag für Genschers Südafrika-Politik seit elf Jahren. 1978 wurde die Bundesrepublik wegen ihrer atomaren Zusammenarbeit mit dem Apartheid-Regime zum letzten Mal angeprangert. Seitdem ist die BRD zu dem weltweit wichtigsten Waffenlieferanten der weißen Herren am Kap geworden. Trotzdem gelang es Genscher, die Mitgliedstaaten der UNO ruhigzustellen. Immer wieder versicherte Genscher, daß sich die BRD strikt an das von den Vereinten Nationen 1977 verhängte Rüstungsembargo gegen Südafrika halte. Wer anderes behauptete, wurde oft genug mit dem Entzug von Entwicklungshilfe bestraft.

Als der Vertreter Ghanas bei der UNO-Vollversammlung im November letzten Jahres die U-Boot-Erklärungen der Bundesregierung für unglaubwürdig erklärte, forderte der deutsche UNO-Botschafter in aller Öffentlichkeit den Kopf des Afrikaners. In der vergangenen Woche versuchte Genscher ein letztes Mal, den Topf auf dem Deckel zu halten. Hohe Emissäre des Auswärtigen Amtes nahmen Kontakt zu Regierungschefs und Staatspräsidenten in der ganzen Welt auf, um besonders den pro-westlich orientierten Ländern Afrikas ihre Unterstützung der jetzt doch verabschiedeten Resolution „auszureden“.

Die UNO-Vollversammlung fordert nun von Bonn die gerichtliche Verfolgung der U-Boot-Manager von IKL und HDW. Damit hat die Resolution voll ins Schwarze getroffen. Während die Bundesregierung der Staatsanwaltschaft Kiel noch im August 1989 die Aufnahme von Ermittlungen förmlich verboten hatte, kann sie dies jetzt nicht mehr. Der Fall der U-Boot-Blaupausen-Lieferungen ist endgültig zu einer Straftat geworden. Der schlweswig-holsteinische Justizminister Klingner muß jetzt unverzüglich die Ermittlungen gegen HDW und IKL einleiten. Ehe die Chefs der Firmen freiwillig ins Gefängnis gehen, werden sie auspacken, wie es wirklich gewesen ist. Und sie werden ihre prominenten Mittäter und Komplizen nennen müssen: Bundeskanzler Kohl, Verteidigungsminister Stoltenberg, Außenminister Genscher, Finanzminister Waigel und Innenminister Schäuble. Wenn sie es klug anstellen, werden sie nicht alleine auf der Anklagebank sitzen müssen, sondern mit ihnen das halbe Bundeskabinett. Erfreuliche Aussichten.

Reinhard Krämer, wiss. Mitarbeiter der Grünen

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