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„Unpopuläre Maßnahmen“ - eher mild

■ DDR-Regierung beschließt schärfere Zollkontrollen und Einkauf subventionierter Waren nur noch für DDR-Bürger und im Lande lebende Ausländer - gegen Vorlage des Personalausweises / Auslandsreisen künftig ohne Visum / Die Staatssicherheit wird eingedampft

Berlin (ap/dpa/taz) - Die Regierung der DDR hat gestern die „unpopulären Maßnahmen“ bekanntgegeben, mit denen der befürchtete Ausverkauf subventionierter Waren in die Bundesrepublik verhindert werden soll: Bestimmte Industriewaren, Bekleidung und Lebensmittel werden nur noch an DDR-Bürger und im Lande werktätige Ausländer verkauft. Dazu ist der Personalausweis vorzulegen. Wie Regierungssprecher Meyer in Ost-Berlin weiter sagte, dürfen die Transitstrecken zwischen Polen und der Bundesrepublik beziehungsweise West-Berlin nicht mehr verlassen werden. Zu den neuen Regelungen zählt auch die „Sicherung eines zuverlässigen Zollregimes“ an den Grenzübergängen. Die Zollorgane sollen verstärkt werden.

Durch die Beschlüsse soll verhindert werden, daß mit illegal günstig getauschter DDR-Mark billig Waren gekauft und außer Landes gebracht werden. Die DDR-Presse hatte in diesem Zusammenhang in den letzten Tagen Bürger Polens und aus dem Westen genannt. DDR-Bürger waren vor allem im Zusammenhang mit illegalen Geldtransaktionen kritisiert worden. Die 'Berliner Zeitung‘ berichtete in ihrer gestrigen Ausgabe, daß seit Öffnung der Grenzen schätzungsweise drei Milliarden DDR-Mark in den Westen abgeflossen seien. Der illegale Geldtransfer dürfte aber auch mit den verschärften Zollkontrollen kaum verhindert werden können. Der freie Reiseverkehr wird durch die Maßnahmen nicht beeinträchtigt. Künftig sollen Auslandsreisen sogar visafrei möglich sein.

Populäre Maßnahmen verkündete gestern der neue Chef des Amtes für Nationale Sicherheit, das seit dem Regierungsantritt von Modrow die Aufgaben des früheren Ministeriums für Staatssicherheit übernimmt. In einem 'ND' -Interview versprach Wolfgang Schwanitz, der Geheimdienst solle um 8.000 Mitarbeiter verkleinert werden. Ganze Diensteinheiten würden aufgelöst und die entlassenen Arbeitskräfte in der Produktion, dem Bauwesen und der Zollverwaltung eingesetzt.

Positiv aufgenommen wurde gestern die Bereitschaft der SED, sich mit der Opposition an einen runden Tisch zu setzen, um über die Wahlrechtsänderung, die Durchführung freier Wahlen und die Verfassungsreform zu verhandeln. Der Ostberliner Pfarrer Eppelmann begrüßte die Bereitschaft der Partei und nannte als erstes Verhandlungsthema die Legalisierung der oppositionellen Gruppen. Elke Günter vom Neuen Forum erklärte, auch die Wirtschaftsreform müsse in einer solchen Runde angesprochen werden. Der runde Tisch war zuerst von der Gruppe „Demokratie jetzt“ gefordert worden. Die Bereitschaft der Partei zur Einrichtung eines solchen Gremiums, die Generalsekretär Krenz am Vortag verkündet hatte, wurde allgemein mit Überraschung aufgenommen.

Unterdessen kommt auch die juristische Aufarbeitung der Polizeiübergriffe vom 7. und 8. Oktober in Gang. Gegen einen ehemaligen Volkspolizisten wurde im Stadtbezirksgericht Prenzlauer Berg die Hauptverhandlung wegen schwerer Körperverletzung eröffnet.

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