: Die Verlierer sieht man nicht
■ Haushaltdebatte der SPD: Schlappe für Sakuth, Lemke-Schulte und Janz
Öffentliche Beschlußpapiere sind Dokumente der Sieger. Niederlagen stehen in ihnen nicht drin. Sie müssen privat verarbeitet werden. So gesehen, muß es in den viertägigen Haushaltberatungen der Bremer SPD eine Vielzahl von Verlierern gegeben haben: Was die Bremer SPD-Abgeordneten gestern am Ende ihrer Haushaltsberatungen an Korrekturen zum Etat-Entwurf des Finanzsenators auf Papier brachten, rechtfertigt vielleicht noch den einen oder Wutanfall, denen Claus Grobecker angesichts zusätzlich drohender Schulden mehrfach freien Lauf ließ. Die Notwendigkeit einer viertägigen Dauerdebatte, sieht man dem großzügig beschrifteten 20-Seiten-Papier aber beim besten Willen nicht mehr an.
Zu den Verlierern gehört zu allererst der Landesvorstand der SPD, in der Fraktion vertreten durch seine Vorsitzende Ilse Janz und ihren Stellvertreter Ludwig Hettling. Noch am Donnerstag hatte der Parteivorstand ein großangelegtes Konzept zur Verbesserung des Öffentlichen Nahverkehrs in Bremen verabschiedet. Geschätzter Finanzbedarf in den nächsten Jahren nach Berechnungen Hettlings: 1,2 Milliarden. Gegen das Milliarden-Projekt nahmen sich die 11 Millionen, die die Fraktion im nächsten Jahr für den Ausbau des ÖPNV zugestehen wollte, nicht nur für Hettling geradezu lächerlich aus. Hettling wollte mehr, erntete aber nur Gelächter und einen mittleren Wut tanfall des Verkehrsexperten der Fraktion, Reinhard Barsuhn. Nach vierstündiger und lautstarker Debatte war das Parteivorstands-ÖPNV-Konzept zu Makulatur verarbeitet. Beleidigt enthielt sich Hettling bei der Abstimmung der Stimme. Und auch die Parteivorsitzende Janz mochte nicht mehr mitstimmen. Sanften Druck des Fraktionsvorstands konterte sie mit dem Hinweis: „Ich kann doch nicht ständig gegen meine eigenen Vorstandsbeschlüsse verstoßen.“ (Janz hatte erst auf dem letzten Parteitag in der Frage „Wasserkraftwerk - sofort oder irgendwann“ gegen die eigene Vorstandsmehrheit votiert.)
Zu den Verlierern gehört z.B. auch Innensenator Peter Sakuth. Seine Forderung nach 40 neuen Drogenbekämpfern unter Bremens Polizeibeamten fiel gleich zweimal durch. Einmal stellte Sakuth sie selbst vergeblich, dann unternahm der Sprecher der Innendeputation, Jürgen Janke, einen zweiten Anlauf - vergeblich. Über Umweltschutz und Abfallwirtschaft sei auch geredet worden, war nach der Debatte zu erfahren. Einen Beschluß brachten die Abgeordneten für Evi Lemke -Schultes Ressort allerdings nicht zustande. Die sieben neuen Stellen, mit denen nun das Abfallwirtschaftskonzept in die Gänge gebracht werden sollte, fanden keine Gnade vor den Abstimmungsarmen.
Rosi Roland
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