: Janka rehabilitiert
Kurt Hager nennt Wandlitz ein „Internierungslager“ ■ E R E I G N I S D D R
Gestern haben wir aus der DDR neue Arbeitslosenzahlen gemeldet (plus 8.000 Entlassungen bei der Stasi), heute können wir die erste Stellenausschreibung für einen Oberbürgermeister ankündigen: In Weimar haben sich die Parteien der Stadtverordnetenversammlung auf diese öffentliche Prozedur geeinigt, nachdem der Amtsinhaber als Bauminister nach Berlin gegangen ist. Daß sich auch geschaßte Stasimitarbeiter um die Nachfolge bewerben, ist nicht auszuschließen: Das Amt schreibt nämlich als letzten Liebesdienst Legenden, mit denen die Ex-Spitzel für ihre sonst durchweg aussichtslosen Jobbewerbungen versehen werden sollen.
„Dem Land ein neues Antlitz - ohne Kalk aus Wandlitz“, hieß es auf dem Alexanderplatz am 4.November. Mittlerweile ist in die Politbürosiedlung nördlich von Berlin Glasnost eingekehrt: Das DDR-Fernsehen erwischte dort Kurt Hager mit Gattin auf der Straße, und der wünschte sich, prompt „angesichts der Hetze, die überall getreiben wird, daß man das als Internierungslager erklärt.“ Er habe sich nur „den Beschlüssen gebeugt“, als er hergezogen sei. Auch Schwimmbad und Sauna konnten die Reporter filmen, bekamen aber vom Schwimmeister nicht heraus, „wer hier als letzter gebadet hat“.
Mit Hager und Honecker wird es allen DDR-Rentnern künftig besser gehen: Zum 1.Dezember werden die Renten um 30 bis 100 Mark (Ost) angehoben.
Einem anderen Rentner muß heute besonders gratuliert werden: Walter Janka, als damaliger Leiter des Aufbau -Verlages 1957 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, ist endlich und vollständig rehabilitiert worden.
Da so mancher und manche jedoch an einer Aufarbeitung der stalinistischen Vergangenheit der DDR wenig Interesse hat, warnt die staatliche Archivverwaltung der DDR vor der Gefahr der Aktenvernichtung.
Besondere Gefahr dürfte da im neuen Amt für nationale Sicherheit, ehemals Ministerium für Staatssicherheit, bestehen. In einer ersten Pressekonferenz (nur für republikeigene Journalisten) hat der zuständige Presseoffizier allerdings angekündigt, die Vergangenheit der Stasi werde „öffentlich aufgearbeitet“.
Noch etwas Erfreuliches: Ministerpräsident Modrow hat mehrere Regierungskommissionen eingesetzt, die kurzfristig Vorschläge machen sollen, wie die Umweltbelastung durch Braunkohlestaub vermindert werden kann.
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