: Kino unterm Hakenkreuz
■ Verbotene deutsche Filme 1938 - 1943 / Eine Reihe über die Propaganda durch Unterhaltung
Auch wenn Joseph Goebbels in seinen ersten Jahren als Reichspropaganda-Minister zielstrebig die deutsche Filmwirtschaft unter seine Kontrolle gebracht hatte, hatte er den Filmkünstlern von einem gewissen Zeitpunkt an doch weitgehend freie Hand bei der Realisierung ihrer Filmideen gelassen. Sobald die Selbst-Zensur-Schere fest in ihren Köpfen verwurzelt war, sollten sie die Filme machen, die sie wollten, wenn sie nicht gegen die NS-Gesinnung verstießen oder den NS-Interessen entgegenstanden.
Sie sollten sie drehen und produzieren so gut sie konnten, denn die erwünschte hohe, deutschgemeinschaftsstiftende Filmkunst
konnte nur erzielt werden, wenn man die in der Vor-Nazi-Zeit bewährten routinierten Ufa-Regisseure weiterarbeiten ließ und von deren hohem handwerklichen Standard ausging.
Nur wenige der rund 1350 Filme, die in der Nazi-Zeit gedreht wurden, sind daher echte Nazi-Schinken, die die ideologischen Phrasen schlicht in eine bewegte Bilderfassung übertragen. Der weitaus größte Teil der NS-Filmproduktion beläuft sich auf unterhaltende Streifen, in denen die ideologische Prägung eher unterschwellig wirkt und die den Zuschauern über das schauende Vergnügen die Nazi-Führung akzeptieren und später die sich ver
schärfenden Kriegslasten ertragen helfen sollten.
Goebbels selbst hatte erklärt, daß nicht der agitatorische Inhalt eines Films sondern seine vergnügliche Qualität seinen propagandistischen Wert ausmachen. Anstiftung zur Zufriedenheit mit den Mitteln der Unterhaltungsindustrie hieß die Methode seiner Vorstellung.
Dabei war jedoch die Kontrolle unberechenbar und allgegenwärtig. Ein Filmverbot konnte jederzeit jedem (fast) Regisseur unterlaufen, die Gefahr wurde umso größer, je näher sich ein Film an die realistische Verarbeitung aktueller oder historischer gesellschaftlicher Realität heranwagt.
In solchem Realismus verwässert sich die ermutigende Funktion der Filme, in der Konfrontation mit den Problemen realistisch gezeichneter Figuren, könnten sich die Zuschauer an die eigene reale Misere Faschismus erinnern und unzufrieden werden.
In Bremen gilt der Rundfunkjournalist Henning Harmssen als Kapazität auf dem Gebiet „Kino unterm Hakenkreuz“. In Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung organisiert er im Übersee-Museum regelmäßig sogenannte „Filmseminare“ zum Thema. Filmreihen, in denen die NS -Filmpolitik unter einem speziellen Gesichtspunkt analysiert wird. In dieser Woche
heißt das Motto „Verbotene deutsche Filme 1938 - 1943“. Vier Filme werden gezeigt, die aus den genannten Gründen im Netz der NS-Zensur hängenblieben, um dann später, in den Zeiten der Republik als garantiert entnazifiziert doch noch aufgeführt zu werden. An Hand dieser vier verbotenen Filme lassen sich die Strategien der Nazi-Filmpolitik in den Kriegsjahren rekonstruieren.
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Di., „Preußische Liebesgeschichte“ von Paul Martin; Mi., „Das Leben kann so schön sein“ von Rolf Hansen; Do., „Altes Herz geht auf die Reise“ von Carl Junghans; Fr., „Der verzauberte Tag“ von Peter Pewas.
Jeweils um 19.30 Uhr im Übersee-Museum. Eintritt frei.
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