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Die Anderen: Neues Deutschland

Neues Deutschland

Das SED-Zentralorgan zum Aufbruch im Prager Herbst

Prag erlebte ein stürmisches Wochenende und einen ebensolchen Wochenanfang. Eine Feststellung, die in erster Linie auf die politischen Veränderungen zutrifft, die sich nun auch in der CSSR in rasantem Tempo vollziehen. Die alte, am Freitag zurückgetretene Parteiführung stand unter Kritik, nicht rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. Allerdings darf man der KPTsch-Führung nicht absprechen, bereits vor zwei Jahren Reformen in Angriff genommen zu haben, als in der DDR beispielsweise davon nichts zu spüren war. Auf ökonomischem Gebiet bedeutete dies: Straffung der Planung, Einführung eines zweistufigen Leitungssystems, Übergang zu Eigenverantwortung und Selbstfinanzierung der Betriebe, Abbau staatlicher Dotationen. Voraussetzungen für eine stärkere Einbindung der tschechoslowakischen Wirtschaft in die internationale Arbeitsteilung waren mit dem Gestz über die Joint-ventures geschaffen worden.

Jetzt geht es tatsächlich um die Zukunft des Landes, um die weitere sozialistische Entwicklung in der CSSR. Für die KPTsch erfordert dies, verlorengegangenes Vertrauen in der Bevölkerung zurückzugewinnen und mit einer klaren Konzeption die Weichen zu wahrhaft demokratischen Veränderungen zu stellen. Doch es bleibt nicht mehr viel Zeit. Während das KPTsch-Zentralkomitee auf dem zweiten außerordentlichen Plenum am Sonntag bis in die Nacht heftig um Kaderfragen stritt, legte das Bürgerforum ein komplettes Programm vor. Dieses läßt erkennen, daß die Gruppierung aus der Phase des Nur-Kritisierens herausgetreten ist. Es ist aber auch ein Programm, in dem man das Wort Sozialismus vergeblich sucht.

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