: Vorbeugend denkende Ärzte
■ Workshop zur Reform des Medizinstudiums / Ziel: Ganzheitliche Medizinerausbildung mit Berücksichtigung von sozialen, biologischen und psychischen Aspekten
„Irgend etwas von den Koalitionsvereinbarungen müssen wir ja durchsetzen.“ Mit diesem Statement der Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses, Hilde Schramm (AL), endete am Montag die Anhörung von SPD und AL zur „Reform des Medizinstudiums“. Aktueller Anlaß der Anhörung war der Workshop „Medizinischer Reformstudiengang“, der am Wochenende am Rudolf-Virchow -Krankenhaus (RVK) von einer studentischen Initiative veranstaltet wurde. Im Rahmen des dreitägigen Workshops diskutierten StudentInnen im Beisein von rund dreißig reformierten Medizinprofessoren in mehreren Arbeitsgruppen Fragen der Lehre, von Prüfungen und neuen Inhalten des Medizinstudiums. Dabei geht es den angehenden MedizinerInnen, wie es in einem Arbeitspapier der studentischen Inhalts-AG formuliert ist, vor allem um eine ganzheitliche Medizinausbildung, die auch „geistes- und gesellschaftswissenschaftliche Fragen“ miteinbezieht.
Unterstützung erhielten die MedizinstudentInnen vom Dekan des RVK, Dieter Scheffner. Er forderte, eine Planungsgruppe einzurichten, die die „Phase der Ad-hoc-Verbesserungen“ ablösen und eine Ausbildungsordnung entwerfen solle, die sowohl die wissenschaftliche Tätigkeit eines Mediziners als auch den Job eines praktizierenden Arztes (natürlich auch Ärztin, d.A.) umfasse. Wichtig ist ihm hierbei, daß die angehenden MedizinerInnen nicht nur Anatomie oder Physiologie auswendig lernten, sondern es auch symptombezogene Lehrveranstaltungen geben solle, die sich beispielsweise mit Krankheitserscheinungen wie Fieber oder Schmerz beschäftigen sollen.
Eine Reform der Medizinausbildung soll nach den Vorstellungen der Inhalts-AG die „vorbeugend denkende und handelnde Ärztin“ (natürlich auch Arzt, d.A.) hervorbringen. Ihre Überlegungen decken sich weitgehend mit denen des „Murrhardter Kreises“. Diese Vereinigung von renommierten Medizinern, die auf Anregung und mit Unterstützung der Robert-Bosch-Stiftung zusammenkommt, hält eine „grundlegende Veränderung des Medizinstudiums in Form und Inhalten für nötig“. Nach Auffassung des „Murrhardter Kreises“, der auch einen Vertreter zum Workshop entsandte, soll das Medizinstudium in Zukunft „biologische, soziale und psychische Aspekte von Kranken und Gesunden“ umfassen. Ein weiteres Ergebnis, das alle Arbeitsgruppen des Workshops teilten, ist, daß die Zentralisierung des Medizinstudiums aufgehoben werden muß zugunsten einer Vielfalt unterschiedlicher Ausbildungsmodelle.
Auch der rot-grüne Senat ist im Prinzip für eine Reform des Medizinstudiums. Wissenschaftssenatorin Riedmüller und Sozialsenatorin Stahmer verwiesen aber in ihrem Grußwort auf das Problem der hohen Zahlen „von jährlich mehr als 800 Studienanfängern“. Ehe das Medizinstudium reformiert werden könne, müsse die Novellierung der Approbationsordnung juristisch abgesichert werden. Und das muß in Bonn geschehen.
thol
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