: Betr.: Namibias Befreiungsbewegung SWAPO
In den letzten Monaten hat sich herausgestellt, daß Namibias Befreiungsbewegung Swapo Hunderte ihrer eigenen Mitglieder unter Verdacht der Spionage für Südafrika inhaftiert und gefoltert hat. Dies hat nicht zuletzt dem Ansehen der Organisation schwer geschadet. Einige Swapo-Mitglieder geben im privaten Gespräch zu, daß das vergleichsweise enttäuschende Abschneiden der Swapo bei den Wahlen Anfang November darauf zurückzuführen ist, daß Zweifel an der Ernsthaftigkeit aufgekommen sind, mit der die Organisation sich für die Menschenrechte einsetzt. Die Swapo gewann mit 57 Prozent der Stimmen zwar eine Mehrheit, verfehlte jedoch die vorausgesagte Zwei-Drittel-Mehrheit.
Weltweit, und unter anderem auch von den bundesdeutschen Grünen, die die Swapo jahrelang unterstützt haben, wurde eine Untersuchung der Vorkommnisse und die Bestrafung der verantwortlichen Swapo-Mitglieder gefordert. Während des Wahlkampfes weigerte sich die Swapo jedoch, eine Untersuchung einzuleiten. Begründung: die Wahlkampagne habe Vorrang. Der Swapo-Sekretär für Internationales, Theo-Ben Gurirab, stellt zunächst eine Untersuchung unmittelbar nach der Wahl in Aussicht, und entschuldigte sich im Namen der Organisation bei den Häftlingen und ihren Familien.
Swapo-Präsident Sam Nujoma, fiel jedoch bei seiner ersten Pressekonferenz nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse hinter diese versöhnliche Position weit zurück: Er betonte, daß es keine Untersuchung der Inhaftierungen geben werde. Er beschrieb die Übergriffe der Südafrikaner im Laufe von 23 Jahren Befreiungskampf und hob hervor, daß südafrikanische Spione die Swapo infiltriert hätten: „Wir haben einige dieser Elemente entdeckt und sie inhaftiert“, sagte Nujoma, „die Swapo hat all diese Leute freigelassen. Wir haben jeden einzelnen Häftling freigelassen.“ Nujoma schloß offenbar die Möglichkeit aus, daß einige der Häftlinge keine Spione waren.
Daß den Übeltätern innerhalb der Organisation vergeben wird, ist laut Nujoma, Teil einer Politik der nationalen Versöhnung, die die Swapo als neue Regierungspartei in Namibia verfolgt. „Wir eröffnen ein neues Kapitel in der Geschichte. Ich glaube es dient niemandem, wenn wir Untersuchungskomitees einberufen.“
Aber die ehemaligen Häftlinge sind nach wie vor der Meinung, daß ihr Leiden thematisiert werden muß. Viele von ihnen sind in den Augen der Swapo diskreditiert, weil sie sich Organisationen angeschlossen haben, die in der Wahl gegen die Swapo kandidiert haben. Aber das Bedürfnis, die Frage zu diskutieren, besteht auch bei den wenigen Häftlingen, die die Kraft haben, auch weiterhin in der Swapo zu arbeiten.
Eine von ihnen ist die 33jährige Rechtsanwältin Bience Gawanas. Sie verließ Namibia 1977 und studierte in den letzten Jahren Jura in London. Im August 1988 wurde sie verhaftet, aber schon im Januar dieses Jahres freigelassen, nachdem international erheblicher Druck auf die Swapo ausgeübt worden war. Sie arbeitet jetzt im NAMLAW-Projekt in Namibia an einer Untersuchung der zur Zeit in Namibia gültigen Gesetze - eine Vorbereitung für die Überholung des Rechtssystems in einem unabhängigen Staat Namibia.
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