: Staatsanwaltschaft ließ coop-Manager verhaften
■ Der Skandal zieht seine Kreise: Auch Alfons Lappas, der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende, soll zu den gestern Verhafteten gehören
Berlin/Frankfurt (taz/dpa) - Die Kleinaktionäre, die auf der heutigen coop-Hauptversammlung faktisch enteignet werden, haben jetzt doch noch einen Grund zur Freude. Gestern hat die Staatsanwaltschaft bekanntgegeben, sie habe mehrere ehemalige Manager und Aufsichtsratsmitglieder der coop AG verhaftet. Dies bestätigte der Sprecher der Frankfurter Staatsanwaltschaft, Jochen Schroers, auf Anfrage. Nach 'dpa‘ -Informationen soll zu den Verhafteten auch der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende der coop AG und Vorstandschef der Gewerkschaftsholding BGAG, Alfons Lappas, gehören. Namen mochte der Sprecher der Staatsanwaltschaft nicht nennen, weil es sich um ein laufendes Verfahren und eine noch nicht abgeschlossene Aktion handele.
Der 'Spiegel‘ hatte vor zwei Wochen berichtet, daß die Staatsanwaltschaft bei der spektakulären Durchsuchung von Geschäftsräumen der BGAG im September fündig geworden sei. Danach seien gegen die ehemaligen BGAG-Vorstandsmitglieder Walter Hesselbach und Alfons Lappas sowie den BGAG-Vorstand Rolf-Jürgen Freyberg Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, weil sie gegen das Aktiengesetz verstoßen haben sollen. Die Holding, die sich im Besitz des DGB befindet und über die die Gewerkschaften ihren Firmenbesitz gebündelt hat, hatte 1985 ihren Anteil von 39 Prozent an dem Handelsriesen an mehrere Firmen im Umkreis der Kette mit den blauen Quadraten verkauft.
Die Staatsanwaltschaft, so der 'Spiegel‘, verdächtigt Hesselbach, Lappas und Freyberg, die schlechte Verfassung der coop gekannt und auch gewußt zu haben, daß die coop das Aktienpaket rechtswidrig übernahm. Diese Verdacht sei offenbar so gut begründet, daß fest mit einer Anklageerhebung im kommenden Jahr gerechnet werden könne. Die BGAG hatte wiederholt erklärt, daß sie die Vorwürfe für unbegründet halte. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt bestätigte inzwischen, daß diese Ermittlingsverfahren eingeleitet seien.
Bei verschiedenen Durchsuchungen bei der coop, der BGAG, den Wohnungen von Spitzenmanagern und Büros von Nebenfirmen waren die Beamten unter anderem auf die Existenz von internen Finanzberichten gestoßen, nach denen die Verschuldung der coop etwa sechsmal so hoch war wie in der Bilanz ausgewiesen. Das hatte eine erste Untersuchung wegen des Verdachts der Bilanzfälschung verursacht, obwohl Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die Jahresabschlüsse genehmigt hatten.Die über Monate völlig unübersichtliche Situation hatte im Herbst beinahe zum Konkurs der coop mit seinen rund 48.000 Arbeitsplätzen geführt.
Lappas war zuletzt im Oktober 1986 in den Schlagzeilen gewesen. Damals war er in Hamburg in Beugehaft genommen worden, weil er vor dem Untersuchtungsausschuß des Bundestages zur Neue-Heimat-Affaire die Aussage verweigert hatte.
diba
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