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Gandhi zieht aus Niederlage Konsequenzen

■ Der indische Ministerpräsident ist vorzeitig zurückgetreten / Seine Kongreßpartei hat bei Unterhauswahlen mehr als die Hälfte der Sitze verloren / Das Parteienbündnis „Nationale Front“ wurde zweitstärkste Kraft / Die Opposition bereitet sich auf Regierungsbildung vor

Neu-Delhi (ap/afp/taz) - Nach der eindeutigen Wahlniederlage seiner Kongreßpartei bei den Parlamentswahlen der vergangenen Woche ist der indische Ministerpräsident Radjiv Gandhi gestern mit seinem Kabinett offiziell zurückgetreten. Der Sohn der 1984 ermordeten Amtsvorgängerin Indira Gandhi suchte am Morgen Staatspräsident Ramaswamy Venkataraman auf und reichte seinen Rücktritt ein. Der Präsident bat ihn, bis zur Wahl einer neuen Regierung im Amt zu bleiben.

Zehn Minuten vor Einreichung seines Rücktrittgesuchs war Gandhi offiziell zum Sieger in seinem Wahlkreis Amethi in Nordosten Indiens erklärt worden, wo er eine Mehrheit von 193.000 Stimmen erzielte. In Amethi hatten am Montag Nachwahlen stattgefunden, weil die Opposition die Kongreßpartei des Wahlbetrugs beschuldigte.

Gandhis Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten stellt noch keine Entscheidung darüber dar, wer die künftige Regierung bilden wird, doch wird in Neu-Delhi damit gerechnet, daß Venkataraman zunächst das Parteienbündnis „Nationale Front“ (NF) damit beauftragen wird. Die NF war bei der Wahl zwar nur die zweitstärkste Kraft hinter der Kongreßpartei geworden, die ihrerseits die absolute Mehheit verlor, kann aber mit Unterstützung der Kommunistischen Partei / Marxisten und der rechtsgerichteten Hindupartei Bharatiya Janata auf eine Mehrheit im 425köpfigen Unterhaus hoffen.

Als aussichtsreichster Bewerber für Gandhis Nachfolge gilt NF-Führer Vishwanath Pratap Singh, obwohl dieser mehrfach erklärt hatte, nicht Ministerpräsident werden zu wollen. Als weiterer möglicher Kandidat gilt Chandra Shekhar, der 1977 einer der Architekten der Koalition war, die die damalige Ministerpräsidentin Indira Gandhi unter Führung der Janata -Partei für 29 Monate an der Macht abgelöst hatte.

Nach dem Stand der Auszählung vom Mittwoch, der sich auf rund 90 Prozent der abgegebenen Stimmen stützt, entfallen auf die Kongreßpartei 190 Sitze und auf deren Verbündete 17 Mandate. Die Nationale Front errang demnach 130, die Bharatiya-Janata-Partei 83 und die Kommunisten 32 Sitze. Darüber hinaus kann die NF noch mit der Unterstützung von mindestens 17 weiteren Abgeordneten rechnen. Wie sich die Parlamentarier der restlichen Gruppen verhalten, ist bisher unklar. Für die absolute Mehrheit sind 263 Stimmen erforderlich.

Besonders extremistische Parteien sind die Gewinner der indischen Wahl. Unter den künftigen Abgeordneten im indischen Parlament sind zum Beispiel zwei Männer, die als mutmaßliche Hintermänner der Ermordung von Ministerpräsidentin Indira Gandhi 1984 im Gefängnis sitzen, sowie die Witwe und der Vater einer der beiden Leibwächter, die die tödlichen Schüsse abgegeben hatten.

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