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Umweltmoral auf Ost-Niveau

Der Teltower Giftmüllfall macht neidisch  ■ K O M M E N T A R

Die stinkenden Trabant-Kolonnen, die sich seit drei Wochen über die Grenze schieben, nahmen die Westberliner zum Anlaß, ihre ökologischen Näschen zu rümpfen. Selbst die Umweltsenatorin stachelte mit einer „Lex Trabi“ in ihrer neuen Smog-Verordnung die Zweitakter-Hysterie an.

Diese Hochnäsigkeit sollten sich die Westberliner abschminken. Grund zur Bescheidenheit liefert - ausgerechnet - der Teltower Giftmüllfall. Bunte Giftcocktails in rostigen Fässern fanden sich in den letzten Jahren schließlich auch in den Hinterhöfen Westberliner Fabriken. Und auch hier faßten die Behörden die Giftmüllpanscher mit Samthandschuhen an, solange die Öffentlichkeit von den Giftfahnen keinen Wind bekam.

Das Teltower Chemielager könnte West-Berlin gefährden, der Teltower Giftfall kann uns trotzdem neidisch machen. Im Gegensatz zu den Betriebsumweltschützern dort würde es hier kein Firmenangestellter wagen, interne Schweinereien nach außen zu tragen. Hier in West-Berlin hätten die Firmen-Ökos ihre Kündigung sicher in der Tasche. In der DDR dagegen wissen die Firmengewaltigen und Behörden im Moment nicht mehr, was erlaubt ist und was sie verbieten dürfen. Im Zweifelsfall schrecken sie vor dem Verbot zurück. Ob diese neue Freiheit in der DDR den Umbruch übersteht, ist ungewiß. Sicher ist eins: Gelten in der DDR eines Tages unsere privatkapitalistischen Standards, schmort auch dort wieder das Gift im Hinterhof. (Siehe auch Seite 20)

Hans-Martin Tillack

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