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„Beihilfe zum Voranbringen des Bewußtseins“

■ Der Regierende Momper drängt DDR-Oppositionsgruppen zum Einstieg in die Regierungsverantwortung / Neues Forum und „Demokratischer Aufbruch“ zurückhaltend / SDP-Böhme will schnelle Wahlen

Mit seinen Appellen und konkreten Handlungsvorschlägen an die Opposition der DDR hat Walter Momper nicht nur den Koalitionspartner AL, sondern auch die DDR-Reformgruppen selbst überrascht. Am Montag nachmittag hatte Momper die DDR -Bürger zu „Ruhe und Disziplin“ gemahnt und der Demokratiebewegung gleich eine Gebrauchsanleitung mitgeliefert: die Einberufung eines „runden Tisches“ mitsamt Teilnehmerliste und Tagesordnung sowie einen konkreten Wahltermin, den 6. Mai 1990. Abends rief der Regierende Bürgermeister in einer Blitzaktion einige Köpfe der DDR -Oppositionsgruppen ins Rathaus Schöneberg. Bei frischem Obst und belegten Brötchen diskutierte man fast drei Stunden lang das am Wochenende entstandene Machtvakuum in der DDR. Gekommen waren Pfarrer Eppelmann vom „Demokratischen Aufbruch“, Ibrahim Böhme von der SDP, Reinhard Schult und Bärbel Bohley vom Neuen Forum und Michael Bartuschek von „Demokratie jetzt“.

Was sie im Schöneberger Rathaus erwartete, hatte ihnen offenbar keiner so genau erklärt. Er habe mit einer Fernsehdiskussion „im Brennpunkt oder so was“ gerechnet, erklärte Reinhard Schult vom Neuen Forum und monierte gleich das Fehlen von VertreterInnen des neuen Frauenverbandes, der grünen Gruppierungen sowie der Vereinigten Linken.

Allerdings bemühten sich die anwesenden Oppositionsvertreter redlich, Momper von jeglichem Ruch der Einmischung zu befreien, obwohl dieser unzweideutig den Einstieg der Opposition in „Regierung und Exekutive“ anmahnte. Pfarrer Eppelmann zeigte sich gar froh über die Aufklärung durch den Realpolitiker Momper: „Heute habe ich mit klopfendem Herzen erfahren, daß die Kehrseite von Vertrauen Verantwortung bedeutet.“

Mit Ausnahme von SDP-Vertreter Böhme taten sich die Beteiligten dann aber schwer mit den Vorschlägen des Regierenden. Böhme sieht die Opposition am „runden Tisch“ bereits Gesetze machen. „Wir sind bereits in der Verantwortung und heraus aus der Opposition.“ Michael Bartuschek mag den Gruppen der Demokratiebewegung dagegen momentan kaum mehr als ein Vetorecht am „runden Tisch“ zumuten. Die Oppositionsrolle zu verlassen, sei „ein Wagnis“. Reinhard Schult vom Neuen Forum betonte die „gesellschaftliche Selbstorganisation“ und die Forderung nach „Kontrollausschüssen in Betrieben, Banken und Institutionen“. Er will zunächst an der Basis durch Kontrolle des Volkes die „Absatzbewegung von Funktionären und Sachwerten“ verhindern. Umstritten ist auch der Wahltermin. Während sich die SDP bei ihrem Terminvorschlag für den 6. Mai 1990 der Unterstützung Mompers versichern konnte, will der „Demokratische Aufbruch“ zunächst am ursprünglich vorgesehenen Termin (30. September 1990) festhalten. Ob das angesichts der sich überschlagenden Ereignisse in der DDR noch realistisch ist, bezweifelte Eppelmann allerdings.

Wie Momper der taz sagte, habe er „Beihilfe dazu leisten wollen, das Bewußtsein von der Verantwortung der Oppositionsgruppen für den Gang der Dinge und die Entwicklung der Gesellschaft in der DDR voranzubringen“. Das Resümee des Neuen Forums klang da etwas nüchterner: „Eigentlich müßten wir jetzt drüben sein, anstatt hier in Diskussionsrunden herumzusitzen.“

kotte/anb

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