: Wer kommt nach Franke? Es bleibt nur Scherf!
■ Vera Rüdiger will Gesundheitssenatorin bleiben / Wedemeier will keine erneute Niederlage riskieren: „Es bleibt bei 10“
Die Situation ist da! Zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode leistet sich der Bremer Senat eine handfeste Regierungskrise. Kaum ein Jahr nachdem Bürgermeister, Senat, die Fraktion und die Sozialdemokraten insgesamt beschlossen hatten, bis zu den Bürgerschaftswahlen noch alles mögliche zu diskutieren, bloß keine Regierungsumbildung, gibt es unter den Bremer Genossen seit gestern nur noch ein Thema: Wie sieht der neue Senat aus?
Im Senat selbst, in Fraktionsvorstand und Fraktion dreht sich nach dem überraschenden Rücktritt von Bildungssenator Franke das Personalkarussel auf Hochtouren, hektisch wird an neuen Ressortzuschnitts geschneidert, machen sich selbsternannte und lancierte KandidatInnen Hoffnung. Und: Es wird nach den Schuldigen gefahndet. Die Gretchenfrage lautet: Wer in den eigenen Reihen hat Frankes bevorstehenden Rücktritt in die Presse lanciert, um Klaus Wedemeier damit erstens erneut auf das Senats-Personen-Karussel zu setzen und bei der fälligen Senatsumbildung zweitens der eigenen Karriere förderlich zu sein.
Interesse an der fälligen Debatte wird erstens Konrad Kunick nachgesagt. Der Mann, der vor einem Jahr den Rücktritt seines Amtskollegen Bernd Meyer benutzte, um selbst das Arbeitsresssort abzugeben, hat inzwischen auch am Baugeschäft die Lust verloren. Kunick weilt allerdings (wie meist bei entscheidenden
Fragen), wieder mal außer Landes. Er ist in Dresden und konnte deshalb gestern niemand verraten, ob er Bausenator bleiben möchte. Nutznießer könnte auch Ex-Senator Bernd Meyer sein: Ein Jahr nach seinem Rücktritt als Innensenator halten viele Genossen die Anstandsfrist für eine Wiederauferstehung Meyers als Bausenator für hinreichend gewahrt.
Chancen bei einer Senatsumbildung könnte sich auch die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sabine Uhl ausrechnen.
Mit der Berufung der Nord-Bremerin hätte Wedemeier erstens die seit einem Jahr schmollenden, weil senatorlosen Nord -Bremer befriedet und zweitens parteitagsbeschlußgemäß etwas für die Erhöhung der Frauenquote im Senat getan.
Letzter möglicher Nutznießer: Klaus Wedemeier selbst. Erstens würde Wedemeier das Arbeitsressort lieber heute als morgen wieder abgeben. Und zweitens hat auch der SPD -Landesparteitagsbeschluß vor einem Jahr Wedmeier keineswegs davon
überzeugt, daß mit 10 Senatoren die Regierungsarbeit zu schaffen ist.
Öffentlich allerdings mochte Wedemeier gestern kein neues Öl in die Senatsvergrößerungsflammen gießen. Im Gegenteil: Vor der Presse gab Wedemeier - offensichtlich belehrt von der letzten Senatskrise - klare Devisen zur Schadensbegrenzung aus. Wenn es nach Wedemeier geht, bleibt es mindestens bis nach den Bürgerschaftswahlen bei 10 SenatorInnen und eine Nordbremerin wird Franke -Nachfolgerin:
Höchstmaß der Wedemeierschen Gefühle: Ein ganz kleines Stühlerücken, nämlich wenn die gesuchte Nordbermerin nicht auf Frankes, sondern besser auf einen anderen Senatssessel paßt. Wedemeier zu den Journalisten: „Eine größere Senatsumbildung wird es mit mir jetzt nicht geben. Wer etwas anderes gehofft hat, dessen Spekulationen sind nicht aufgegangen.“
Vor der Fraktion hatte Wedemeier sich zuvor allerdings noch ein Hintertürchen Richtung Senatsvergrößerung offengehalten: Nach seiner Niederlage vor einem Jahr, werde er selbst jetzt keine zusätzlichen Senatoren mehr fordern. Entsprechende Wünsche von Partei und Fraktion wolle er allerdings gern und wohlwollend prüfen.
Einen Strich durch alle Spekulationsrechnungn zog gestern auch Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger. Rüdiger erklärte definitiv, an ihrem Ressort festhalten zu wollen. Der neue Senat ist - wenn Fraktion und Partei dem Bürgermeister im letzten Moment nicht doch noch eine 11 Senatorin zubilligen
-eine reine Rechenaufgabe: Als Frau und Nordbremerin rückt Susanne Uhl in den Senat auf. Da Uhl allerdings viel von Sozialpolitik, aber wenig von Kunst und Wissenschaft versteht, sitzt sie künftig auf dem Sessel von Henning Scherf. Und wenn der sich nicht mit Händen und Füßen sträubt, gibt es nur einen Franke-Nachfolger: Scherf.
K.S
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