: Wedemeier: retten, was zu retten ist
■ Höchst-bürgermeisterlicher Vorschlag zur Beendigung des Senatsgerangels: Scherf statt Franke, Uhl statt Scherf
Wenn in der Bremer SPD noch irgendetwas nach dem Wunsch von Bürgermeister Klaus Wedemeier geht, soll sein Stellvertreter Henning Scherf im nächsten Jahr die Nachfolge von Bildungssenator Horst-Werner Franke antreten.
hier der lange Mann auf dem kleinen Stuhl
Ein designierter Bildungssenator
Die Bremen-Norder Bürgerschaftsabgeordnete und stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sabine Uhl soll nach Wedemeiers Wünschen Scherf auf dem Sessel des Sozialsenators er-setzen (vgl. taz vom 11.12.).Scherf selbst hatte sich erst nach einigem Zögern und aus Einsicht in die Notwendigkeit zu dem geplanten Ressort-Wechsel breitschlagen lassen: Im Interesse des Gesamtsenats lasse er sich notfalls und im Gegensatz zu anderen Regierungsmitgliedern „in die Pflicht nehmen“, ließ Scherf gestern verkünden, nicht ohne einen Seitenhieb in Richtung Gesundheitssenatorin Rüdiger auszuteilen. Rüdiger hatte sich als erste Wunschkandidatin nachdrücklich geweigert, ins Bildungsressort zu wechseln.
Beide Personalvorschläge gab Wedemeier gestern abend gegen 18 Uhr in der Bürgerschaft bekannt. Während des ganzen Tages hatte Wedemeier zuvor am Rande der Bürgerschaft Verhandlungen mit den verschiedensten SPD-Regionalklüngeln, Fraktionen und KandidatInnen geführt, ehe das Personalkonzept stand.
Eine von Wedemeier offiziell zwar dementierte, insgeheim aber favorisierte „große Lösung“ mit einem zusätzlichen elften Senatsressort hatte ihm der SPD-Landesvorstand bereits am Montag abend endgültig verbaut. Unmißverständlich hatten die Partei
vorständler dem Bürgermeister zwei Essentials abverlangt: Erstens auf Biegen und Brechen mit 10 SenatorInnen über die Legislaturperioden-Runden zu kommen. Zweitens: Den zurückgetretenen Bildungssenator Franke durch eine Frau zu ersetzen. Einstimmig stellte sich der Parteivorstand gestern denn auch hinter Wedemeiers Lösungsvorschlag für die von ihm gestellte Aufgabe. Wenn es nach Wedemeiers Wünschen
Sozialsenatorin in spe: Nord-Bremerin Sabine Uhl
geht, soll ein Landesparteitag am 27. Januar sein Konzept endgültig absegnen.
Ob es dann noch nach Wedemeiers Wünschen geht, ist nach dem Verlauf des gestrigen Tags allerdings mehr als fraglich. Noch am Mittag hatte Wedemeier plötzlich die Bremen Norder Abgeordnete Bringfriede Kahrs zu einem Privatgespräch gebeten. Kahrs war - auch für Wedemeier überraschend - noch ganz kurzfristig als Franke-Nachfolgerin und damit als Uhl -Konkurrentin ins Rennen geschickt worden.
Wie ernst die Kahrs-Befürworter in der Fraktion ihre Überraschungskandidatin nahmen, ist
Beinah-Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs: Angesichts der überraschenden Karriereaussichten wollte sich die Nordbremerin gestern um keinen Preis fotografieren lassen
allerdings unklar. Partei-Insider vermuten hinter der erneuten Störung der Wedemeierschen Kreise ganz andere Interessen als die
Sorge um die bestmögliche Senatsriege. Danach geht es den Erfindern immer neuer Personalkonzepte im Augenblick vor allem um eines: Eine schnelle Füllung der Senatslücken zu verhindern, die Diskussion um die Regierungsumbildung weiter zu kochen und dabei möglichst viele KandidatInnen zu verschleißen, bis am Ende sie selbst übrigbleiben. Daß sie damit gleichzeitig
den Bürgermeister selbst stückweise demontieren, indem sie ihm eine Senatsdebatte ohne Ende bescheren, scheint Teilen der SPD inzwischen egal zu sein.
Gestern abend (nach Redaktionsschluß) tagte z.B. der SPD-Unterbezirk Bremen-West. Auf der Tagesordnung unter anderem: Ein Initiativantrag, den Senat um mindestens ein Ressort zu erweitern.
Auch unter den Bremen-Norder Genossen scheint es einige zu geben, für die die Nord-eigenen Kandidatinnen Uhl und Kahrs nicht mehr als Schachfiguren beim großen Senatsspiel sind: „Wie macht man einen Senatspräsidenten unmöglich“. Prognose eines Norder Abgeordneten gestern für Wedemeiers Pläne: „Die Sache ist damit noch lange nicht ausgestanden.“
K.S.
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