: Grüne und DDR
■ Zum Kommentar: „Grüner Konkurs“, taz, 20.12.89
Wenn sich jemand fest vorgenommen hat, auf einen anderen politisch einzudreschen, dann ist ihm jedes Mittel recht. Selektive Wahrnehmung ist angesagt. Es gab auf dem Marktplatz eine kleine Aktion einiger Altlinker, die der aktuellen deutschlandpolitischen Entwicklung nicht gewachsen sind. Diese Aktion stand unter Parolen, die - wiewohl nachvollziehbar - in ihrem Ausschließlichkeitscharakter den wenigsten Menschen vermittelt werden können. Ein grüner Abgeordneter beteiligte sich als Einzelperson, sein gutes Recht. Daraus nun zu schließen, daß die dort versammelten K-Gruppen-Nostalgiker für grüne Deutschlandpolitik im Dezember '89 standen, ist schon ziemlich derbe. Zur Erinnerung eine Passage aus dem Antrag, den wir bei einer Enthaltung auf unserer letzten Landesmitgliederversammlung verabschiedeten:
„Der Prozeß der Erneuerung in der DDR kann und muß sich eigenständig entwickeln, ohne daß er ständig mit der Frage der Wiedervereinigung in Verbindung gebracht wird. Ihre Beantwortung unterliegt in erster Linie dem souveränen Votum der DDR-BürgerInnen. Für uns ist die Perspektive nicht die Wiederherstellung eines deutschen Einheitsstaates, sondern die Kooperation zweier deutscher Staaten in einem gesamteuropäischen Haus.“
Klaus Wolschner war übrigens bei der Verabschiedung dieses Antrags dabei. Er wird nicht bestreiten können, daß diese Position wesentlich differenzierter ist als „Kein 4.Reich“. Aber das kennt man ja: In Zeiten politischer Zuspitzung sind differenzierte Aussagen wenig gefragt. Wir sind uns jedenfalls weitgehend einig mit dem Neuen Forum in der DDR. Oder steht das auch vor dem „Konkurs“?
Wenn von einem solchen hier die Rede sein kann, dann von einem journalistischen.
Volkmar Leohold, 28 Bremen 70 Sprecher im Landesvorstand der Grüne
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