: Börsenrenner Fußball
Fußballaktien erobern die Kopenhagener Börse ■ PRESS-SCHLAG
Daß Fußball ein gutes Geschäft sein kann, ist keine furchtbar neue Erkenntnis. Für manche Börsenmakler offensichtlich doch, was die Aufregung dänischer Wirtschaftszeitungen über den neuesten Kometen am Himmel der Kopenhagener Börse lehrt. Dort stürmte seit Spätsommer 1989, erst langsam, dann unaufhaltsam immer schneller der Fußballclub Bröndby IF an die Spitze aller Aktienrenner.
Nicht die Fußballelf selbst natürlich, sondern die Aktie der Aktiengesellschaft Bröndbyernes Fodbold A/S. Vor zwei Jahren eher als lahme Ente in die Börsennotierung aufgenommen, lag der Kurs der seit Jahren erfolgreichen dänischen Spitzenmannschaft zunächst stabil zwischen 150 und 200 Kronen (40-50 Mark). Dann plötzlich - ohne, daß neue fußballerische Glanzleistungen dazu Veranlassung gegeben hätten - setzte ein Run auf die Aktie ein: 400 Kronen kostet sie mittlerweile, mehr als 150 Prozent des Einführungskurses.
Eine Börsenmaklerfirma hatte die Fußball-AG zum Objekt einer Analyse gemacht, mit dem Ergebnis: Die Kicker sind viel mehr wert, nämlich bis zu 550 Kronen je Aktie. Jeder Einstieg unter diesem Kurs gilt also unter Börsianern als gutes Geschäft. Der wirkliche Geschäftswert des Bröndby IF wurde in der Analyse auf mindestens 30 Millionen Kronen (7,5 Millionen DM) geschätzt.
Wie kommt man zum Geschäftswert eines Fußballklubs? Über den Tabellenstand, das jeweilige Resultat des letzten Punktspieles, die Zahl der Zuschauer? Nein, viel zu unsicher. Beim Profifußball wird bekanntlich mit Menschen gehandelt. Der entscheidende Faktor für den Börsenwert einer Fußballaktie ist damit die vermutliche Transfersumme der einzelnen Spieler für den Fall eines Verkaufs an eine andere Elf.
Allein der bei Bröndby spielende Kapitän der dänischen Nationalmannschaft, Lars Olsen, wird von den Börsianern auf sechs Millionen Kronen geschätzt - falls ihn eine europäische Spitzenmannschaft kaufen sollte. Im letzten Jahr hätte Bröndby zwei Leistungsträger für zehn Millionen Kronen verkaufen können, schlug den Handel aber aus. Unter Fußballexperten wird der Handelswert der Bröndby-Spieler daher noch wesentlich höher kalkuliert als bei den Börsenmaklern.
Was die Investition in eine Fußball-AG aber für Spekulanten nach Meinung von Börsenexperten zu einem Risikogeschäft macht, ist die altbekannte Geschichte vom Ball, der rund ist. Eine Reihe von Niederlagen, Verletzungen der Spieler, sinkende Zuschauerzahlen, ausbleibende Fernseh- und Werbeeinnahmen können den Geschäftswert eines Proficlubs ganz schnell in den Keller bringen.
Für börseninteressierte Fußballfans und fußballinteressierte Börsianer bleiben aber noch ganz andere Fragen ohne bislang ausreichende Antwort. Soll die Börsennotierung bei Verkaufsverhandlungen von Spielern ausgesetzt werden? Dürfen auch Schiedsrichter Fußballaktien kaufen? Vielleicht gar von cleveren Klubmanagern vor einem wichtigen Spiel damit beschenkt werden? Und wie steht es erst mit dem Torwart, der einen größeren Posten von Aktien der gegnerischen Mannschaft besitzt?
Reinhard Wolff
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen