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Neujahrs-Pleite auf dem Kunstrasen

■ Veranstalter macht beim Berliner Hallenfußballturnier Verluste / Scharfe Vorwürfe gegen Hertha BSC und Blau-Weiß / Dynamo Moskau besiegt im Endspiel Werder Bremen mit 5:2 / Hertha wird nach Neun-Meter-Schießen gegen Borussia Mönchengladbach Turnier-Dritter

Hertha-Manager Horst Wolter hält sie für höchst überflüssig, Ex-Blau-Weiß-Trainer Bernd Hoss für unentbehrlich - die vor einigen Jahren in Mode gekommenen Hallenturniere während der Winterpause. Wieder einmal ist der Streit entbrannt, ob der vor schmuddeligem Wetter geschützte Kunstrasen-Kick als lockere Show stattfinden soll oder besser mit Verbissenheit ums große Geld getreten wird.

Eine halbe Million Westmark kostete der Spaß, von den benötigten 20.000 Besuchern waren aber nur drei Viertel erschienen. Die Schuld dafür gibt die veranstaltende Ausstellungs-Messe-Kongreß GmbH (AMK) den Berliner Vereinen Hertha und Blau-Weiß, die - als Zugnummern des Turniers nur mit ihrer zweiten Garnitur angetreten waren. Wie alle anderen Mannschaften kassierten auch sie das Startgeld in Höhe von rund 50.000 Mark. Begründung der beiden Teams: der absolute Vorrang der Feldsaison, wo es um Klassenerhalt oder Aufstieg geht.

Der Widerspruch scheint unauflösbar: einerseits die Angst vor Verletzung, wenn es, wie in Berlin, um viel Geld geht, und Valuta-Interessierte wie Magdeburg oder Moskau etwas bereitwilliger auf den Kunstrasen oder gegen die Bande schubsen. Also läßt man die besten und wichtigsten Spieler zu Hause. Andererseits würden ohne hohe Preisgelder kaum interessante Mannschaften antreten. Die Vereine brauchen das Geld, wollen aber nicht besonders viel bieten. Die Besucher fühlen sich denn, wie in Berlin, ziemlich schnell verarscht

-ebenso die Veranstalter. So wurden bereits Überlegungen angestellt, die beiden Westberliner Vereine im nächsten Jahr nicht teilnehmen zu lassen.

Einen versöhnlichen Abschluß gab es dann doch noch aus sportlicher Sicht. Nach einem ersten Tag schafften die Herthaner doch das Halbfinale und unterlagen dort Werder Bremen erst nach vielen Anstrengungen mit 3:5. Im kleinen Finale wurde den Zuschauern die ersehnte Showeinlage in Form eines Neun-Meter-Schießens geboten. Mit 8:6 setzte sich Hertha gegen Borussia Mönchengladbach durch und wurde Dritter des Turniers.

Als richtige Hallenshowprofis zeigten sich die Spieler von Werder Bremen. Fußballopa Manni Burgsmüller trickste, was die Füße hergaben. Taktisch wurde fast ausschließlich mit fliegendem Torwart gespielt, was im Endspiel Dynamo Moskau Gelegenheit gab, die nötigen Tore zum 5:2-Turniersieg zu schießen. Da wird wohl auch Bremens dem Geld nicht abgeneigter Manager Willi Lemke die verpaßten 20.000 Mark Siegprämie verschmerzen bei dem Gedanken, daß die Sieger es wohl nötiger haben.

Schmiernik

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