Es schneit Cadmium und Schwefel

Silviu Palalau, Gründungsmitglied der „Grünen Bewegung Rumäniens“, sieht überall Schmutz  ■ I N T E R V I E W

taz: Der „Rat der Nationalen Rettung“ hat die Gründung neuer Parteien erlaubt. Sie repräsentieren eine grüne Strömung innerhalb der Gesellschaft. Auf welche Resonanz stoßen Sie im Land?

Silviu: Wir hier in Bukarest sind über die Reaktionen nach der Gründung unserer Gruppe selbst überrascht. Aus dem ganzen Land treffen täglich Telegramme bei uns ein. Tausende wollen sich unserer Bewegung anschließen. Wir wollen gegen jegliche Verschmutzung in diesem Land vorgehen. Gegen die in der Luft und im Wasser genauso wie die in den Köpfen und in der Kultur. Es gibt auch eine Verschmutzung der Sprache, die Er und Sie zu verantworten haben. Man muß die Sprache wieder reinigen.

Wo liegt das ökologische Problem in Rumänien?

Zunächst mal haben wir bisher wenig Informationen, und gleichzeitig sind die Gesetze völlig schwammig. Es gibt zum Beispiel keine Obergrenzen für die Luftverschmutzung. In der Stadt Copsa Mica etwa ist der Schnee schwarz von der Luftverschmutzung. Niemand weiß, was da alles auf die Bevölkerung an Giften herabrieselt, es ist ein schwarzer Ruß, der niedersinkt und den Besucher schon nach einer halben Stunde zudeckt: Cadmium, Schwefel, alles, was die chemische Industrie zu bieten hat. Wir wollen, daß dort Filter eingebaut werden. Das muß doch technisch möglich sein. Aber wir haben darüber keine Informationen. Die Trockenlegung des Donaudeltas ist ein anderes Wahnsinnsprojekt, das von der Diktatur übriggeblieben ist. Oder die Zerstörung der Stadt Bukarest. In den Flüssen sterben die Fische, überall sind die Gewässer verschmutzt.

Wie wollen Sie sich organisieren, als offene Bewegung oder als Partei, die an den Wahlen teilnimmt?

Da es noch keinen offiziellen Status für Parteien gibt, sind wir beides. Wir wollen vor allem die Leute organisieren, die für ökologische Ziele eintreten. Wir kämpfen nicht um die Macht, wir bemühen uns darum, daß in allen Parteien und Organisationen, das ökologische Problem gesehen wird. Überall soll es Initiativen geben. Und es gibt sie. Wir wußten nichts voneinander. Diese Initiativen zu organisieren und die Wissenschaftler, die uns unterstützen, miteinzubeziehen, ist unser jetziges Anliegen. Um unsere Ziele durchzusetzen, haben wir gar nichts, weder ein Telefon noch eine Schreibmaschine. Mit der Organisation stehen wir am Anfang. Trotzdem sind wir schon in der rumänischen Gesellschaft bekannt geworden. Wir brauchen nun die einfachsten Mittel, wir brauchen auch Hilfe aus dem Westen, wir brauchen Videokameras, um das alles zu zeigen, was es hier an Zerstörung gibt, und um es dann im Fernsehen zeigen zu können. Immerhin hat uns die Regierung eine halbe Stunde im Fernsehen zugestanden.

Das Gespräch führte Erich Rathfelder