Waigel warnt DDR-Opposition vor Zersplitterung

Der CSU-Vorsitzende trifft heute in Ost-Berlin DDR-Ministerpräsident Modrow / „So kann es nicht weitergehen mit dem SED-Monopol“  ■  Aus Wildbad Kreuth L.Koch

„In dieser besonderen Situation ist diese besondere Reise richtig“, verteidigte gestern der CSU-Vorsitzende Theo Waigel nochmal die heutige Reise der Schwarzen nach Leipzig. Die Oppositionsgruppen in der DDR warnte er vor einer Zersplitterung. „Die Bündelung der Kräfte ist notwendig, weil ja nur so die Möglichkeit besteht, sich gegen die SPD, äh SED, durchzusetzen“, unterlief ihm ein Freudscher Versprecher. Den Knüller verkündete er jedoch erst am Spätnachmittag: Heute morgen will sich der Schwabe in Ost -Berlin mit Ministerpräsident Hans Modrow treffen. Diese Zusammenkunft ist mit Bundeskanzler Kohl abgesprochen und wurde bereits vor Weihnachten vereinbart. Inhalt des Gesprächs: Die Unzufriedenheit der Bundesregierung über schleppende demokratische Entwicklung in der DDR. Unzufrieden sei die CSU vor allem mit der ökonomischen Entwicklung. Bereits am Mittag verkündete Waigel den JournalistInnen: „Wir werden klipp und klar sagen, daß es mit der Monopolstellung der SED nicht so weitergehen kann.“

Auf jeden Fall sollten sich die Gruppen in der DDR nicht nur auf regionaler und Kreisebene organisieren, so der Ratschlag im CSU-Gepäck. Sprechen wollen die Christsozialen mit allen Oppositionsgruppen, vor allem mit denen, die das C in ihren Namen haben. Geschnitten werden nur die SED und SDP. „Die haben ja ihren Gesprächspartner“, wußte Waigel über die SDP. Zur Frage, wann ein Konföderationsvertrag mit der DDR ratifiziert werden sollte, erklärte Waigel, der Zeitpunkt sei „jetzt noch nicht gegeben“, weil die demokratische Legimitation fehle. Erst nach den Wahlen sei eine Ratifizierung möglich. Diese Meinung teile auch Kohl.

Eine Watschn verpaßte der in CSU-Kreisen als „moderat“ verschriene Vorsitzende DDR-Minsterpräsident Modrow. Dieser hatte in seiner Regierungserklärung finanzielle westliche Hilfen für die DDR-Opposition als nicht legitim bezeichnet. „Wer sich so auf Kosten des Staates profiliert und in der BRD die DKP unterstützt hat, kann anderen nichts vorschreiben“, polterte er.

Zur historischen Frage „Bleiben wir eine regionale Partei oder nicht?“ äußerte sich Waigel nur ungern. Im Moment wollte er jedoch von einer bundesweiten Ausdehnung der CSU nichts wissen. Zum „Dreiklang Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen“ in diesem Jahr betonte Waigel: „Wir werden keine Ebene vernachlässigen.“ Das bevorstehende „Superwahljahr“ beschäftigte auch den Vorsitzenden der Landtagsfraktion der CSU, Alois Glück. Immer noch rechnen die Schwarzen, auch nach dem Tod von Strauß und dem zunehmenden Erstarken der REPs großspurig mit 50 plus x. „Wir sind optimistisch, weil der Sozialismus weder in der DDR noch bei uns eine Zukunft hat“, so Glück. „Republikaner“ -Chef Schönhuber bezeichnete er als einen „der größten Wendehälse, wenn man seinen Werdegang ansieht“. Als „Gemischtwarenladen ohne klare Linie“ beschimpfte er die SPD. Mit Lafontaine als Kanzlerkandidaten werde die Unberechenbarkeit der SPD noch personifiziert. Sogar eine rot-grün-braune Koalition hielt Glück für möglich.