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Modrow läßt sich nicht „platzieren“

■ DDR-Regierungschef erscheint bei der nächsten Gesprächsrunde / Herbe Kritik an der Weigerung Modrows aus den Reihen der Opposition / Drastische Reduzierung der Müllimporte angekündigt

Berlin (dpa) - Der DDR-Regierungschef Hans Modrow (SED-PDS) wird der dringenden Aufforderung der Oppositionsgruppen, am 15.Januar persönlich am runden Tisch teilzunehmen, nicht nachkommen. Nach der Sitzung des Ministerrates am Samstag in Ost-Berlin erklärte DDR-Regierungssprecher Meyer, Modrow werde der Dialogrunde aus Parteien und Organisationen einen Brief zukommen lassen, der „Vorschläge zur konstruktiven Zusammenarbeit“ enthalte. Modrow will voraussichtlich erst am 22.Januar dem runden Tisch Rede und Antwort stehen. An diesem Montag wird Innenminister Lothar Ahrendt (SED) den schon mehrfach nachdrücklich geforderten Sicherheitsbericht vorlegen.

Der Vorsitzende des Demokratischen Aufbruchs, Wolfgang Schnur, warf Modrow vor, die Bedeutung des runden Tisches zu unterschätzen. Er bezeichnete die Weigerung als „unerträglich“ und als „geringschätzige Haltung“. Da die Menschen in der DDR dem runden Tisch mehr Vertrauen entgegenbrächten als der Regierung, würden sie sich diese Mißachtung nicht gefallen lassen. Die SED denkt inzwischen öffentlich über einen Rückzug in die Opposition nach.

Der DDR-Regierung liegen nach Angaben ihres Sprechers keine Angaben über einen drohenden Generalstreik in südlichen Bezirken des Landes vor. Oppositionsvertreter hatten nicht ausgeschlossen, daß es zumindest in einigen Regionen zu Warnstreiks komme, wenn das Wirken des runden Tisches an diesem Montag durch das Verhalten der Regierung ohne Erfolg bleibe.

Inzwischen kündigte der neue Umweltminister Peter Diederich (Bauernpartei) zur möglichst raschen, drastischen Einschränkung der Giftmüllimporte nach der Kabinettsrunde Verhandlungen mit dem Senat in West-Berlin an. Jährlich beziehe die DDR 40.000 Tonnen Sonderabfälle aus West-Berlin sowie 25.000 Tonnen aus der BRD. Hinzu kommen 5,4 Millionen Tonnen Hausmüll, Bauschutt und ähnliches. In Zukunft, so Diederich, solle allein die Umweltsicherheit entscheiden, in welcher Art und in welchem Umfang Abfall importiert werde.

Ebenfalls am Wochenende hat sich der DDR-Ministerrat mit dem ersten Entwurf eines neuen Richtergesetzes befaßt, das die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit dieses Berufsstandes sichert. Wichtig sei dabei auch die strikte Gewaltenteilung, erläuterte der neue Justizminister Kurt Wünsche (LDPD).

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