Rosige Aussichten

■ Jüngste Umfrage ergab absolute Mehrheit für Sandinisten

Wenn heute in Nicaragua gewählt würde, bliebe alles beim alten. So jedenfalls lautet das Ergebnis einer aufwendigen Umfrage, die das US-amerikanische Meinungsforschungsinstitut Greenberg-Lake vom 25.11. bis 3.12.1989 an knapp tausend repräsentativ ausgewählten Personen durchgeführt hat. 44 Prozent würden demnach für den gegenwärtigen Präsidenten Ortega stimmen, während die rechtsoppositionelle Violeta Chamorro auf 27 Prozent kommen würde. Von den 23 Prozent Unentschiedenen dürften sich bis zum Wahltag am 25. Februar noch einige für die Sandinisten entscheiden, so daß diese der Umfrage zufolge mit einer Mehrheit von 55 bis 61 Prozent rechnen können.

Das Wählerpotential der Sandinisten wird als deutlich stabiler als das des Oppositionsbündnisses Uno bezeichnet: Von den Ortega-Unterstützern sind sich 87 Prozent sicher, daß sie ihre Entscheidung bis zum Wahltag beibehalten werden, während es bei der Opposition nur 70 Prozent sind. Die Wählerneigung ist sowohl regional als auch schichtenspezifisch sehr unterschiedlich: In den drei an Honduras angrenzenden Provinzen kann Ortega mit 61 Prozent rechnen, im Westen mit 47, in Managua mit 44, in den Nordregionen Jinotega und Matagalpa mit 42 und an der Atlantikküste mit 36 Prozent. Unter Angehörigen der von städtischen Sozialprogrammen oder der Landreform begünstigten Schichten kommt Ortega auf 66, die Opposition auf 13 Prozent. Diese Gruppe macht ein Drittel der „Wahlbevölkerung“ aus. Dasselbe Ergebnis würde Ortega unter den Staatsbediensteten erzielen - immerhin 15 Prozent der Wählerschaft.

Die Ergebnisse der Umfrage unterscheiden sich stark von vorherigen Untersuchungen. Sie basieren zum ersten Mal auf den Wahlregistern, die nach der Registrierung im Oktober erstellt wurden. Auch wurde zum ersten Mal in allen Provinzen des Landes gefragt. Darüber hinaus scheint die Umfrage mit detailliertem Instrumentarium durchgeführt worden zu sein: Den armen Befragungsopfern wurden 97 Fragen vorgelegt, von Mitarbeitern, die sich zum Teil mit Kleinbooten mühselig einen Weg durch den Urwald gekämpft hatten, um die nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Kandidaten in ihrer Hütte zu stellen.

Klaus-Dieter Tangermann