: Pkw-Flotte heizt Weltklima an
■ Der Autoverkehr trägt mit enormen Zuwachsraten zum Treibhauseffekt bei / Anhörung der Grünen in Bonn präsentiert neue deprimierende Zahlen / Technische Einsparungen keine Lösung
Bonn (taz) - Die weltweit rasant zunehmende Motorisierung wird zunehmend auch zu einem relevanten Faktor für unser Klima. Fast ein Fünftel aller Kohlendioxyd-Emissionen stammt heute aus Kraftfahrzeugen. Das geht aus einer aktuellen Untersuchung der globalen Kfz-Entwicklung hervor, die der Dortmunder Verkehrsplaner Helmut Holzapfel gestern auf dem Hearing „Klima und Verkehr“ der grünen Bundestagsfraktion vorgelegt hat.
Als besonders besorgniserregend bezeichnete Holzapfel die „enormen Zuwachsraten“ in diesem Sektor. In nur sieben Jahren, zwischen 1980 und 1987, hat sich die weltweite Pkw -Flotte um 22,4 Prozent auf jetzt insgesamt knapp 400 Millionen Fahrzeuge vergrößert. In Asien (ohne Japan) und der Sowjetunion/Osteuropa lagen die Steigerungsraten sogar bei 87,9 bzw. 48,5 Prozent. Und in Afrika herrscht noch ein riesiger Nachholbedarf.
In der BRD kommt etwa ein Viertel aller CO2-Emissionen aus dem Auspuff. Die Leistung von Pkws und Kombis übertrifft die gesamte installierte Kraftwerksleistung (inkl. AKWs) in der BRD um das 18fache. Holzapfel warnte davor, zu große Hoffnungen in energiesparende Motoren zu setzen. Der damit mögliche Einspareffekt sei in der Bundesrepublik bisher durch größere Autos und höhere Kilometerleistungen voll kompensiert worden. Der durchschnittliche Spritverbrauch pro 100 Kilometer sei von 1960 bis 1989 sogar von 8,6 auf 10,7 Liter gestiegen. Bezogen auf das allgemeine Preisniveau bräuchte man für den Liter Benzin heute weniger hinzulegen als 1960. „Eine der bemerkenswertesten Leistungen des ADAC“ nannte Holzapfel sarkastisch diese Tatsache. Die von der SPD vorgeschlagene Verteuerung um 50 Pfennig pro Liter wäre nur geeignet, „vergangene Fehlentwicklungen“ auszugleichen.
Bei einer jährlich zu erwartenden Erhöhung der „Weltkilometerleistung“ um drei Prozent errechnete Holzapfel, der seine Untersuchung gemeinsam mit dem Washingtoner „World Watch Institute“ durchgeführt hat, eine Verdoppelung des Kohlendioxyd-Ausstoßes aus den Auspuffen bis 2012. Eine Stabilisierung auf dem heutigen Wert wäre erst bei einer allerdings völlig unrealistischen Erhöhung der Treibstoffeffizienz um 50 Prozent möglich.
Der Frankfurter Klimatologe Hans-Walter Georgii erinnerte bei der Veranstaltung daran, daß der Kfz-Katalysator (Kat) zwar den Stickoxyd und Kohlenmonoxyd-Ausstoß erheblich verringere, aber nicht den des Kohlendioxyds. Deshalb sei er pessimistisch, daß der Verkehrssektor allein über den Weg technischer Einsparungen überhaupt in relevantem Maßstab zu der allseits geforderten Kohlendioxyd-Reduktion beitragen könne.
Gerd Rosenkranz
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