piwik no script img

Schabowski kontra Honecker

Ost-Berlin (dpa) - Das brutale Vorgehen von Polizei und Sicherheitskräften gegen Demonstranten im Oktober in Ost -Berlin ist offenbar allein auf Anweisung von Erich Honecker geschehen. Der habe „die Angelegenheit selbst in die Hände genommen“ und die entscheidenden Befehle gegeben, sagte das ehemalige SED-Politbüro-Mitglied Günter Schabowski vor der Untersuchungskommission zur Aufklärung der Vorgänge. Die gesamte Angelegenheit sei ausschließlich über Honecker und Staatssicherheitsminister Erich Mielke gelaufen.

Er gab, wie zuvor schon Egon Krenz, seine Mitverantwortung für die langjährige politische Fehlentwicklung der SED zu. Sie hätten aber persönlich keinerlei Befehle zum brutalen Einsatz der Sicherheitskräfte gegeben. Schabowskis Äußerungen wurden von Mitgliedern der von der Stadtverordnetenversammlung eingesetzten Kommission zum Teil mit Empörung und Zwischenrufen wie „unfaßbar“, „unglaublich“, „grotesk“ und „schizophren“ aufgenommen. Dies galt vor allem seiner Aussage, er habe von Festnahmen und Mißhandlungen erst aus der Zeitung erfahren. Abgeordnete hielten ihm vor, er habe als führender Mann der SED offenbar weniger gewußt „als die gesamte Stadt“.

Nach Angaben Schabowskis gab es bereits vor dem 40. Jahrestag der DDR am 7. Oktober Mitglieder des Politbüros, die den „Sturz Honeckers und seiner engsten Paladine“ angestrebt hätten. Dies sei aber viel zu spät geschehen und nur ein Nachvollzug der Volksproteste gewesen. Man habe unter „konspirativen Umständen“ agiert. „Ansonsten wären wir sofort weg gewesen.“ Viele Entscheidungen unter Honeckers Führung hätten unter bewußter Fehleinschätzung der politischen Situation gestanden.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen