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Helvetische Sixties

■ „Jivaros Quartet“ - französische Schwyz in Walle

Manche Musikgruppen verkehren den Eindruck eines Live -Konzertes ins Gegenteil. Statt leibhaftiger Musiker könnten auch vier Lautsprecher auf der Bühne stehen. Keine Ansprache ans Publikum, die Titel der Stücke bleiben unbekannt und die Namen der Künstler sowieso. Das Jivaros Quartet aus der Schweiz präsentierte sich in diesem Stil, der so ganz zu ihrer Musik paßte. Cool, weitgehend regungslos, spielten die frankophonen Vier ihr Pensum herunter. Das sei keine besondere Masche oder der Ausdruck eines bestimmten Gefühls, bekannte hinterher Gitarrist Miguel Morales eher schüchtern. Der Auftritt im Waller Kairo hätte ihnen viel Spaß gemacht.

Seit drei Jahren tritt das Quartett öffentlich auf, sie üben als Band schon sieben Jahre länger. Ihrem Zusammenspiel hat dieVorlaufzeit gut getan, doch ihr

Stil der Sixties hat sich in dieser Zeit kaum verändert. Dafür gibt es zwei Gründe: Der dominante Gitarreneinsatz beherrscht den Sound der Helvetier, der an die beat -generation erinnert; und die Stimme des Sängers Jerome Ballmer erweist sich als unverrückbarer Eckpfeiler der Band. Sonor und dicht am Zahn der legendären Velvet Underground um Lou Reed spielte sich das Jivaros Quartet durch den Abend.

Auch wenn sie darauf bestehen, ihren eigenen Stil zu spielen und auf konkrete Vorbilder verzichten zu können, ist ihre Nähe zu den Gitarrenbands der Sechziger unüberhörbar. Die ZuhörerInnen im Kairo waren jedenfalls begeistert. Die Frage nach einem etwas schnellerem Stück oder einem Stilwechsel formierte sich offensichtlich nur in Journalisten-Hirnen. Und so blieben einige Düster-Passagen der Gitarren die einzige erkennbare Abwechslung des Abends. Doch bevor die vier jungen Herren in Bereiche des Batcave der Achtziger abrutschten, übernahm Monsieur Ballmer stimmsicher das Kommando und weiter ging's auf dem musikalischen Trampelpfad fünfundzwanzig Jahre zurück. Für alle, die damals gerade geboren waren, sicher eine neue Hör -Erfahrung. Cool J.F

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