: Pompidou statt Kohl?
Neues vom Direktor des Deutschen Historischen Museums ■ K O M M E N T A R
Es gibt Worte, die könnte Norbert Blüm als Schlaftabletten verschreiben lassen. Ein „Forum für europäische Dinge“ müsse das Deutsche Historische Museum (DHM) nun werden, forderte gestern in München der Direktor des noch nicht existierenden Museums, Stölzl. Gähnend könnte man über diese Sonntagsrede hinweggehen, wären da nicht noch weitere Reizworte. Das DHM, so sein Direktor präziser'müsse nun „europäisiert“ werden: Das neue Berlin brauche jetzt „ein Mehrzweckgebäude ähnlich dem Centre Pompidou in Paris“. Was hat das nun wirklich noch mit Helmut Kohls deutschem, nationalem Traum zu tun? Wer das Centre Pompidou kennt, weiß, daß diese Großinstitution mit Museum kaum etwas zu tun hat. Wenn nun schließlich der DHM-Direktor selbst löblicherweise seine ursprüngliche Aufgabenstellung so extrem verändert sehen will, daß von der Anfangsidee nichts mehr übrig ist - dann sollte eigentlich die alte Debatte vollständig beendet werden.
Neues Thema allenfalls: Braucht Berlin ein europäisches Mehrzweckgebäude? Erlaubt ist dann aber erst recht auch die Frage, die Bausenator Nagel bereits im Herbst als Eintagsfliege aufgeworfen hat: Darf man so ein Ding bauen, wenn Zehntausende wohnungslos auf der Straße oder in Schuhkarton-Containern nächtigen müssen?
Thomas Kuppinger
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