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25 Mark für Autofahrt über die Grenze?

■ Westberliner Verkehrsinitiativen rufen nach Öko-Abgabe und verlangen Beteiligung an zukünftiger Ost-West-Verkehrsplanung / Gemeinsamer west-östlicher Fonds zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in der Region Berlin vorgeschlagen

Weg mit den Stinkern: Geht es nach den Vorstellungen der Mehrzahl der Westberliner Verkehrsbürgerinitiativen, spielt das Auto innerhalb unserer Stadthälfte und auch bei Besuchen in Ost-Berlin und im Umland nur noch eine untergeordnete Rolle. Es übernimmt nur den nicht von Bussen und Bahnen zu bewältigenden geringen „Restverkehr“. Ein entsprechendes Konzept für den Nah- und Fernverkehr erarbeiteten insgesamt 22 Initiativen - vom Fußgängerschutzverein (FUSS) bis zum Verkehrsclub VCD. Politische Hauptforderung der Verbände, deren Papier gestern durch den koordinierenden „Arbeitskreis Verkehr und Umwelt“ vorgelegt wurde: eine Beteiligung an der zukünftigen Ost-West-Verkehrsplanung - wozu auch eine Teilnahme am Regionalausschuß gehöre.

Dem neuen Verkehrskonzept zufolge soll für jedes nach Ost -Berlin oder ins Berliner Umland einreisende Auto von den Haltern eine „Öko-Abgabe in Höhe von etwa 25 Mark erhoben werden. Begründung: Der Autoverkehr wirke „besonders natur und landschaftszerstörend“. Außerdem sei eine weitere Subvention der Blechkisten durch die Bundesregierung, die aus Steuermitteln pauschal für Straßenbenutzungskosten aufkommen, nicht länger hinnehmbar. Mit dem Geld aus der Öko -Abgabe könne ein gemeinsamer west-östlicher Fonds zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in der Berliner Region gegründet werden, so die radikal klingende Idee der Verkehrsinitiativen. Schließlich sollten auch Ostberliner und DDRler, die zu uns noch partout per Pkw einreisen möchten, diesen Fonds pro Auto mit der gleichen Summe in Ostmärkern unterstützen. Gefordert wird auch eine drastische Verschärfung der neuen Smog-Verordnung. Sie müsse für alle Pkws - also auch die mit Katalysator - gelten.

Freilich kamen die Besucher aus Ost-Berlin und der DDR bereits in den ersten Wochen nach der Maueröffnung zu rund 90 Prozent per pedes oder mit der BVG zu uns, wie der Sprecher des „Arbeitskreises Verkehr und Umwelt“, Bernd Herzog-Schlagk, gestern hervorhob. Um so wichtiger sei es, daß die Planer mehr für die Fußgänger täten. Viele Gehwege an Übergängen müßten jetzt verbreitert werden. Unfälle könnten drastisch vermindert werden, lege man an Hauptverkehrsstraßen alle 150 Meter Überquerungshilfen auch in Form der weitgehend abgeschafften Zebrastreifen an.

Bedenken ob der Sinnhaftigkeit einiger gestern vorgetragener Forderungen meldete nur ein Ostberliner Journalist der 'BZ am Abend‘ an. Einmal sah er bei dem schlechten Zustand des DDR-Schienennetzes „keine Alternative“ zu einem neuen Großflughafen im Süden Berlins. Für weitere Grenzübergänge an den Ost-Berlin unterquerenden U- und S-Bahnlinien oder für Linienverlängerungen von Straßenbahnen aus Ost-Berlin und Potsdam in den Westteil der Stadt habe der Magistrat einfach kein Geld.

thok

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