Bald Aus für Vertriebenengesetz?

■ SPD und Grüne wollen Regelungen auslaufen lassen / Auch Regierung erwägt Rentenänderungen

Bonn (dpa) - Die Bonner Opposition aus SPD und Grünen sowie das SPD-regierte Nordrhein-Westfalen haben am Mittwoch die Aufhebung des Vertriebenengesetz und der darin enthaltenen Sonderleistungen für Aus- und Übersiedler gefordert. Der SPD -Innenpolitiker Penner betonte, daß der von ihm vorgelegte Antrag allerdings für Deutsche aus der UdSSR und Rumänien weiterhin die Anerkennung als Vertriebene vorsieht. Außerdem werden Übersiedler aus der DDR ausdrücklich ausgenommen. Damit würde die Änderung im wesentlichen nur Deutsche aus Polen betreffen.

Die Grünen und Nordrhein-Westfalens Arbeits- und Sozialminister Heinemann verlangten darüber hinaus, das Fremdrentengesetz abzuschaffen. Statt dessen solle mit der DDR ein Abkommen geschlossen werden, das den Bezug der im einen Staat erworbenen Rente im jeweils anderen erlaubt, schlugen Marie-Luise Beck-Oberdorf und Willi Hoss von den Grünen vor. Mit Polen müsse eine Regelung gefunden werden, die an eine Entschädigung für die polnischen Zwangsarbeiter des Zweiten Weltkrieges gekoppelt werden solle. Für deutschstämmige Aussiedler aus osteuropäischen Staaten sollten Regelungen gefunden werden, die dann auch für Einwanderer aus anderen Staaten wie Türkei oder Libanon gelten könnten. In der von der Bonner Regierungskoalition eingesetzten Kommission zur Frage der Leistungen an Aus- und Übersiedler wurden bei der ersten Sitzung noch keine Beschlüsse gefaßt. Unterschiede gabe es ebenfalls bei der Rentenfrage: Die FDP will die Streichung der Rente dem Vernehmen nach auf Geheimdienstmitarbeiter wie Stasi-Agenten beschränken, während vor allem die CSU auch hohe Parteifunktionäre ausschließen will.

Im Arbeitsministerium gibt es darüber hinaus Überlegungen, Aus- und Übersiedlern statt Fremdrenten die in der Heimat erworbene Rente zuzüglich eines Kaufkraftausgleichs zu zahlen.

Die CDU wiederholte in der Dauerauseinandersetzung um die Sozialleistungen für Aus- und Übersiedler den Vorwurf, die Opposition schüre mit ihren Vorschlägen Sozialneid. CDU -Generalsekretär Rühe warf namentlich Oskar Lafontaine vor, er wolle das „neue Wir-Gefühl der Deutschen zerstören, weil er sich bis heute nicht mit der deutschen Einheit abgefunden hat“.