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Fette Schlappe für Margaret Thatcher

■ Vorerst keine Einführung des umstrittenen Mitgliedskartensystems in den englischen Fußballstadien

London (dpa) - Die britische Regierung sieht sich durch den Untersuchungsbericht über die Fußballkatastrophe von Sheffield gezwungen, ihr geplantes Mitgliedskartensystem gegen Fußball-Hooligans auf Eis zu legen. Die offizielle Entscheidung soll am kommenden Montag zusammen mit dem Untersuchungsbericht veröffentlicht werden.

Die Entscheidung wird als ein persönlicher Rückschlag für Premierministerin Margaret Thatcher angesehen, die sich seit den Zusammenstößen im Brüsseler Heysel-Stadion vor fast fünf Jahren energisch für das Kontrollsystem durch Fußball -Personalausweise eingesetzt hatte.

Der Dach- und Ligaverband, fast alle Klubs, die Polizeibehörden, Medienexperten und vor allem die Fans, die kürzlich ein Protestschreiben mit 500.000 Unterschriften beim Parlament einreichten, hatten sich stets gegen die Einführung von Mitgliedskarten gesträubt, wie sie bislang lediglich beim Klub Luton Town vewendet werden. Experten befürchteten die hohen Kosten der Einrichtung des Systems, die manchen unterklassigen Verein in den Bankrott getrieben hätten, einen drastischen Zuschauerschwund von bis zu 25 Prozent sowie Staus an den Eingängen, die leicht zu Krawallen hätten führen können.

Diese Probleme unterstrich auch Lord Justice Taylor, Chef der Untersuchungskommission über die Katastrophe von Sheffield, bei der vor neun Monaten 95 Fans ums Leben gekommen waren. Seine Studie kommt zu dem Schluß, daß die Einlaßkontrolle durch Mitgliedskarten die Situation in Sheffield noch wesentlich verschlimmert hätte.

Die Regierung will nun andere Maßnahmen gegen die Fußball -Hooligans wie die Abschaffung von Stehplätzen in Stadien und das Verbot für rechtskräftig verurteilte Hooligans, zu ausländischen Fußballspielen zu reisen, durchsetzen. Die Chancen, daß Mitgliedskartensystem zu einem späteren Zeitpunkt doch noch einführen zu können, werden in der Öffentlichkeit skeptisch beurteilt.

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