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Knatsch um Gleichstellungsgesetz

■ „Gesetz darf nicht an Frauen vorbeigehen“ / DGB-Frauen laden heute abend zur Debatte / Gesetzgebungsverfahren aufhalten

Das Gerangel um das geplante Bremer „Frauengleichstellungsgesetz“ geht heute abend in die dritte öffentliche Runde. Diesmal haben „DGB-Frauen“ zum öffentlichen Streit gerufen und dazu, das Gesetzgebungsverfahren aufzuhalten. „Denn“, so heißt es in einer Resolution der Industriegewerkschaft Medien, „ein Gesetz für Frauen wird erst dann glaubwürdig und praktikabel, wenn es nicht an den Frauen vorbei durchgesetzt wird.“

Ende September 1989 hatte die Bremer Gleichstellungsstelle ihren Entwurf eines „Gesetzes zur Aufhebung der Benachteiligung von Frauen“ der Presse vorgestellt. Erst danach war sie mit Bremer Frauenorganisationen in ein Gespräch eingetreten, hatte „interessehalber“ schriftliche Stellungnahmen erbeten sowie

ein öffentliches „Werkstatt gespräch“ organisiert. Die betroffenen Personalrätinnen waren sauer; sie fühlten sich von den Gesetzes -Schreiberinnen völlig übergangen und hatten zudem schwerwiegende Einwände gegen den Entwurf. „Für problematisch und möglicherweise auch gefährlich“ hält die Vorsitzende des DGB-Kreisfrauenausschusses, Monique Trödel, das Vorhaben die Gleichstellungsstelle, die „Frauenbeauftragten“ künftig bei der Dienststellenleitung und nicht mehr im Personalrat anzusiedeln. Und nicht nur Monique Trödel verlangt „eine verbindliche Quotierung und einen verpflichtenden Zeitrahmen zur Umsetzung“. (§ 3 des umstrittenen Entwurfes beginnt mit der „weichen“ Formulierung: „Bei Einstellungen sind Frauen bei gleich

wertiger Qualifikation wie ihre männlichen Mitbewerber in den Bereichen bevorzugt zu berücksichtigen, in denen sie unterrepräsentiert sind.“) Die Mitgliederversammlung der „IG Medien“ verabschiedete eine Resolution, in der die Gleichstellungsstelle aufgefordert wird, „darauf zu verzichten, den Gesetzentwurf ohne Zustimmung dieser Gewerkschaften in die Bürgerschaft einzubringen.“

Mittlerweile hat die Gleichstellungsstelle nach eigenem Bekunden nichts mehr mit dem Schicksal ihres eigenen Entwurfes zu tun. „Das ist nicht mehr unser Bier. Das macht jetzt die Fraktion“, erklärte die Juristin Brigitte Melinkat der taz. Warum aber wird der Gesetzentwurf nicht, wie ursprünglich geplant, vom Senat in die Bürgerschaft

eingebracht? Dazu die SPD-Abgeordnete Ilse Janz: „Wir hatten nicht den Eindruck, daß der Senat insgesamt hinter dem Entwurf steht.“ Der federführende Justizsenator Volker Kröning sieht das anders: „Überhaupt nicht“ habe es im Senat gehakt. Er habe eher den Eindruch, daß die SPD-Frauen sich den Entwurf der Gleichstellungsstelle „zu eigen gemacht“ hätten, um besser im Wettbewerb mit den Grünen bestehen zu können. Er selbst sei bereit, den Gesetzentwurf zu tragen. Allerdings habe seine Justizverwaltung eine „Fülle von Bedenken“.

Doch egal, wer den Gesetzentwurf letztendlich einbringt, mit dem Widerstand der Gewerkschafterinnen ist zu rechnen. Monique Trödel: „Was wir brauchen ist Zeit. Kosmetik brauchen wir

nicht, die können wir jeden Morgen zu Hause haben.“

Die SPD-Fraktions-Frauen wollen jedoch, so Ilse Janz, den Gesetzentwurf „möglichst schnell“, sprich Anfang März, in der Bürgerschaft lesen lassen, und ihn davor noch „so verändern, wie wir es für richtig halten“. Falls es die empörten Gewerkschaftsfrauen nicht schaffen, die SPDlerinnen von ihrem

Zeitplan abzubringen, gelingt dieses vielleicht störrischen SPD-Fraktionsmännern. Einige stören sich bereits daran, „daß nicht mehr automatisch der Mann befördert wird.“ Andere haben bereits das böse Wort von der „Unterdrückungslüge“ geprägt.

Barbara Debus

„Frauenförderungsgesetz unter der Lupe“. Dienstag, 30.1., 18 Uhr, DGB-Haus

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