: Sonderdezernat für Hooligans
Maggie Thatcher beharrt auf der Einführung von Ausweisen im Fußball / Eine Untersuchung charakterisiert den „typischen“ Hooligan: Mann zwischen 17 und 33, Arbeiter- oder Mittelschicht ■ Von Ralf Sotscheck
London (taz) - Die britische Premierministerin Margaret Thatcher läßt in ihrem Kampf gegen die Fußball-Hooligans nicht locker, obwohl ihr Lieblingsprojekt - die Einführung von Personalausweisen für Fußballfans - einen Dämpfer erlitten hat. Wie bereits in der vergangenen Woche bekannt wurde, lehnt Lordrichter Taylor in seinem Untersuchungsbericht, der offiziell erst gestern veröffentlicht worden ist, die Ausweise strikt ab. Es könne dadurch zu gemeingefährlichen Drängeleien an den Stadiontoren kommen, heißt es in dem Bericht.
Der Richter war nach der Katastrophe von Sheffield, bei der im April letzten Jahres 95 Menschen zu Tode gequetscht wurden, mit der Untersuchung beauftragt worden. Ein Berater Thatchers sagte jedoch am Wochenende, daß die Premierministerin ihre Meinung keineswegs geändert habe. Sie bestehe nach wie vor auf die Gründung einer amtlichen Meldestelle für Fußballfans. Dieses Amt solle „irgendeine Art von Identitätsnachweis“ ausstellen.
Taylor empfiehlt dagegen die Einsetzung einer überregionalen Lizenzbehörde, die die Sicherheit in den Stadien schärfer als die bisher zuständigen Bezirksämter kontrollieren soll.
Eine weitere Untersuchungskommission, die sich aus englischen, belgischen, niederländischen, dänischen und bundesdeutschen Akademikern zusammensetzte, kam zu dem Ergebnis, daß es während der Europameisterschaften in der Bundesrepublik vor zwei Jahren keine Schlägerei gegeben habe, an der die englischen Hooligans nicht beteiligt waren.
Scotland Yard hat jetzt ein Sonderdezernat eingerichtet, das die Polizisten in den Stadien auf besonders berüchtigte Fans der Gastmannschaften hinweisen soll. Diese Sondereinheit wird im Juni auch auf Sardinien zum Einsatz kommen, wo das englische Team seine Vorrundenspiele zur Weltmeisterschaft austrägt. Sehr nützlich wird den Beamten dabei ein aufschlußreicher Bericht des „Sir Norman Chester Centres“ der Universität Leicester sein.
Die Wissenschaftler haben eine Umfrage unter tausend Fußballfans gemacht und festgestellt, daß der typische englische Hooligan zwischen 17 und 33 Jahren alt sowie männlichen Geschlechts ist und aus der Arbeiterklasse oder der Mittelschicht stammt. Nun, wer hätte das gedacht?
Es sind also nicht die 60jährigen adligen Ladies, die sich mit generischen Aristokratinnen Messerstechereien liefern. Mit derartig detaillierten Kenntnissen bewaffnet dürfte es für die italienische Polizei ein Leichtes sein, die Hooligans schon bei ihrer Ankunft zu erkennen und festzunehmen.
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