: Neue Hürde für Ausländerwahlrecht
■ Bundesverwaltungsrichter stufen das kommunale Ausländerwahlrecht als verfassungswidrig ein
Berlin (taz/dpa) - Im Streit um das politische Reizthema Ausländerwahlrecht hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Berlin eine weitere Hürde aufgebaut. In einer Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe kommt der 7. Senat des obersten Verwaltungsgerichts der Republik mehrheitlich zu dem Schluß: Das in Hamburg und Schleswig -Holstein eingeführte kommunale Wahlrecht für AusländerInnen verstößt gegen das Grundgesetz. Das aktive und passive Wahlrecht könne auch auf kommunaler Ebene nur dem in der Gemeinde lebenden „Staatsvolk“ zuerkannt werden und das - so die Folgerung - sei nun einmal deutsch.
Die Bundesverwaltungsrichter waren vom Bundesverfassungsgericht um eine Stellungnahme zu dem strittigen Thema aufgefordert worden, denn die Karlsruher Richter werden voraussichtlich im Mai dieses Jahres im Hauptsacheverfahren über eine entsprechende Verfassungsbeschwerde der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verhandeln. Eine endgültige Entscheidung über die Verfasungsmäßigkeit der minimalsten Mitbestimmung von AusländerInnen wird dann im Sommer erwartet.
Das jetzt bekanntgewordene Votum der Bundesverwaltungsrichter kommt für Experten nicht überraschend. Schon in früheren Entscheidungen hatten sich die Berliner Richter gegen das Ausländerwahlrecht ausgesprochen. Dennoch wird die Stellungnahme von den Karlsruher Verfassungsrichtern nicht unbe Fortsetzung auf Seite 2
rücksichtigt bleiben. Der Richterspruch aus Berlin, so beteuerte man gestern in Karlsruhe zwar, bedeute „absolut keine Vorentscheidung“ für die Verfassungsbeschwerde. Allerdings handele es sich dabei sicher um eine „höchstqualifizierte Stellungnahme“.
Diese „höchstqualifizierte Stellungnahme“ zu dem politisch brisanten Thema umfaßt gerade einmal
drei Seiten. Darin kommen vier der sechs Richter zu der Auffassung, das Argument, ein kommunales Ausländerwahlrecht diene der Integration, könne „rechtlichen Kategorien nicht standhalten“. Das im Grundgesetz als wahlberechtigt bestimmte „Volk“, umfasse allein das deutsche Staatsvolk. Der einfache Gesetzgeber - sprich die einzelnen Landesregierungen und - parlamente - sei nicht ermächtigt, das Volk zu definieren, von dem er seine Legitimation empfange.
Zwei Bundesverwaltungsrichter des zuständigen 7. Senats waren allerdings anderer Auffassung. Sie urteilten: das Grundgesetz gebiete zwar keine Einführung des Ausländerwahlrechts, verbiete sie jedoch auch nicht. Die Verfassung überlasse es sehr wohl den einzelnen Bundesländern, in ihrer Kommunalverfassung auch ausländische BewohnerInnen als „Volk in weiterem Sinne“ zu definieren und sie mitwählen zu lassen.
Ve.
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