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Wahlberichterstattung in der DDR: ARD-Chef zwischen den Fronten

■ DDR-Fernsehen widerspricht Kelms Behauptung, gemeinsame Berichterstattung am 18.März sei aus technischen Gründen nicht möglich / ZDF fühlt sich ausgebootet

Das DDR-Fernsehen hat bedauert, daß es keine gemeinsame Berichterstattung mit ARD und ZDF über die DDR-Wahlen geben wird. Es sei anscheinend nicht möglich, „am 18.März, einem historischen Tag für die DDR und die BRD, in Kooperation mit ARD und ZDF über die ersten freien Wahlen in der DDR zu berichten“, sagte der Leiter der Wahlredaktion des DDR -Fernsehens, Helmut Hartung, gegenüber der Nachrichtenagentur 'adn‘.

Er widersprach nach 'adn'-Angaben Darstellungen des ARD -Vorsitzenden Kelm, daß wegen der Wahl-Vorverlegung eine Zusammenarbeit der drei Fernsehstationen aus technischen Gründen nicht möglich gewesen sei. Das DDR-TV habe das Infas -Institut mit Hochrechnungen beauftragt, da sich ein gemeinsames Arbeiten mit der Forschungsgruppe Wahlen vom ZDF und dem von der ARD beauftragten Infas-Institut nicht abzeichnete. Aufgrund fehlender Kapazitäten sei das DDR-TV gezwungen, mit einer der beiden Einrichtungen zusammenzuarbeiten.

Die Entscheidung für das Infas-Institut, einer unabhängigen Institution, die nicht der ARD angehört, bedeute nicht, daß das DDR-Fernsehen an einer Kooperation mit dem ZDF am Wahltag nicht mehr interessiert ist, heißt es weiter.

Unterdessen wies ZDF-Intendant Dieter Stolte die von seinem ARD-Kollegen Kelm gegebene Begründung für die gescheiterte Zusammenarbeit als falsch zurück. Nicht die Vorverlegung des Wahltermins in der DDR habe die Kooperation zwischen den beiden Häusern unmöglich gemacht, sondern das von der ARD beauftragte Infas-Institut habe eine Arbeitsteilung mit der Forschungsgruppe Wahlen vom ZDF abgelehnt, schilderte Stolte in einer veröffentlichten Erklärung.

Noch am Vortag sei zwischen ihm und Kelm eine konsensfähige Lösung besprochen worden, nach der die „allgemein anerkannte Forschungsgruppe Wahlen für ARD, ZDF und DDR-Fernsehen zur Verfügung gestanden hätte“. Eine Zusammenarbeit der drei Fernsehanstalten, so Stolte, hätte die Kosten für die Wahlberichterstattung um mehrere hunderttausend Mark verringern können.

Das Zweite Deutsche Fernsehen werde am 18.März in der DDR von 17.55 Uhr an ausführlich über die Wahlen berichten. Auch das ZDF-Wahlstudio im Ostberliner Palast der Republik werde Prognosen, Trends und Hochrechnungen bieten. Die Mannheimer Forschungsgruppe lasse dort eigene Computer installieren.

Daneben seien Interviews mit führenden DDR-Politikern sowie Live-Sendungen aus Leipzig und von mehreren Schauplätzen in Ost-Berlin über die Reaktionen der DDR-Bürger geplant. Das ZDF will an diesem Donnerstag auf einer Pressekonferenz über weitere Punkte der Berichterstattung informieren.

dpa

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