Montag/Dienstag/Mittwoch

Der NDR 3 scheint sich die allerorts beschworenen Rationalisierungsempfehlungen zu Herzen zu nehmen: Mit seiner Sendereihe Meine Schallplatten jedenfalls werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Einmal im Monat stellt sich hier ein Promi dem Mikrofon und charakterisiert sich durch seinen Musikgeschmack. Porträt und Klangauswahl in einem Abwasch also: Gast der heutigen Ausgabe ist der Theaterkritiker und Theoretiker Ivan Nagel. Seiner Umwelt ist er häufig als Förderer junger Theatertalente aufgefallen. Seit 1988 lehrt er Ästhetik in Berlin. Welcher Soundtrack ihn auf seinem ruhmreichen Weg beflügelte, erfahren wir um 22 Uhr.

Aktuell geschrieben und produziert erschien jeden Monat ein „Blackbox„-Hörspiel im WDR-Programm. Ein Autorenstamm von zirka einem Dutzend Schreibern (und einer Schreiberin) beobachtet das, was im Ruhrgebiet unter dem Schlagwort „Strukturwandel“ gehandelt wird - ein wirtschaftlicher Wandel, der mit einem gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Wertewandel einhergeht. Diesmal geht es um Das Leben, die Liebe der Tod. Das Hörspiel von H.P. Karr & Walter Wehner befaßt sich mit den Kindern der Intelletualisierung des Reviers: der ersten und zweiten Studentengeneration an den Unis in Bochum, Duisburg und Essen. Was machen die „Kinder von Marx und Coca Cola“ heute? Sie betreiben ein Kinozenter (Programmkino, immerhin), sie sind Besitzer einer Werbeagentur, sie sind Chefeinkäuferin für Young Fashion bei einer Kaufhauskette, oder sie wollen immer noch Kulturchefin bei der 'Zeit‘ oder der 'FAZ‘ werden. Einer hat noch eine Kneipe, an deren Wände die Plakate aus den Siebzigern hängen... um 20 Uhr, WDR 1. Dienstag

Sie haben's nie leicht gehabt, die Ehemänner berühmter Frauen (mal Hand aufs Herz, wer kennt schon Dennis Thatcher ernst...) Oft tauchen solche Herren im Lebensbericht ihrer Gattinnen bloß als dienstbarer Depp und Witzfigur auf. Genau dies Schicksal ereilte auch Charles Bovary, seines Zeichens gehörnter Ehemann der Madame gleichen Namens. Mit gnadenloser Konsequenz zeichnete ihn sein Schöpfer Flaubert zum Idioten: Als Schüler gehänselt und noch nach dem Tode lächerlich. Jean Amery hat sich mit seinem Buch Charles Bovary, Landarzt für den Idioten eingesetzt und versucht eine Ehrenrettung. Hanjo Kesting berichtet. NDR 3, 21.30 Uhr Mittwoch

Baal Babylon ist ein autobiografischer Roman von Fernando Arrabal, der sich durchaus als Bunuelsches Drehbuch sehen lassen könnte: Thema ist Gewalt auf allen Ebenen, die zu exzessiven Perversionen führt. Zunächst ist da die faschistische Staatsgewalt, die Fernandos Vater im Gefängnis verschwinden läßt. Er wurde aufgrund von moralischer Gewalt von seiner Frau denunziert. Bei all den Verstrickungen kommt für den Jungen eine erschwerende hinzu: Mutterliebe ist für ihn nur auf dem Wege der Selbstunterdrückung zu haben. Und die gesamte Atmosphäre wird zusätzlich durch eine Tante neurotisiert, die den Jungen in wahnhaft-religiöse sexuelle Spiele verstrickt. Die Hörspielfassung dieses Romans der psychologischen Folter ist auf NDR 3 um 21.30 Uhr zu hören. Wohl bekomm's.

Reisen Damals ist in manchen Ländern gar nicht so anders als Reisen heute. Zumindest was die Sitten und Umgangsformen der Leute betrifft. Sollte ein Industriekulturflüchtiger zum Beispiel den Jemen bereisen wollen, könnte der „alte Schinken“ Entdeckungsreisen im Orient (1761 bis 1767) noch immer als Fundgrube dienen. Im NDR 4 werden die „Reisetips“ des Autors Carsten Niebuhr um 22 Uhr vorgelesen.

GeHa