Dagmar Lills unter Senatsaufsicht

■ Zuwanderer-Amt unternimmt neuen Anerkennungs-Anlauf mit alten Konzepten / Senatskanzlei: „Lill beratungsresisitent“

Im zweiten Anlauf soll der Senat heute endlich der „Bremer Zentralstelle für die Integration zugewanderter Bürgerinnen und Bürger“ seinen Segen geben. 17 Seiten hat die Leiterin der Zentralstelle, Dagmar Lill, Sozialsenator Henning Scherf auf den Weg in die Senatssitzung mitgegeben. Mit ihrer Hilfe soll Scherf als zuständiger Senatskommissar seinen Senatskollegen heute endlich klar machen, was ihm beim ersten Versuch noch kläglich mißlungen war: Nämlich was die neue Stelle mit neun Mitarbeitern eigentlich machen soll. Im Dezember war Scherf im Senat glatt abgeblitzt. Mit der Aufforderung „noch mal das Ganze“ hatte die Senatorenrunde den Kollegen Scherf nach Hause geschickt, das von Lill geschriebene Portrait ihrer eigenen Behörde war „in der Luft zerrissen“ worden. Der Haushaltsausschuß des Bürgerschaft drehte der Zentralstelle obendrein den Geldhahn zu. 900.000 Mark wurden kurzerhand gesperrt.

Gestern nahm Lills Neuauflage zumindest die erste Hürde auf dem zweiten Weg zum Senatssegen: In der Senatsdirektorenkonferenz bekam der 2. Aufguß ihres Papiers grünes Licht und rutschte damit auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung. Geändert im Vergleich zu ihrer Dezembervorlage hat sich vor allem zweierlei. Erstens: statt 400.000 Mark will Lill jetzt nur noch 300.000 Mark für „Informationsarbeit zur Bekämpfung der Fremdenfeindlichkeit“. Zweitens: Um die Kooperation der Zentralstelle mit anderen Behörden zu verdeutlichen, ist der Vorlage eine Grafik beigefügt, in der die Zentralstelle ir

gendwie mit allem zusammen hängt. Pfeile zeigen von der Zentralstelle auf den Senator für Häfen und Verkehr genauso wie auf den Magistrat Bremerhaven und die Frauen-Gleichberechtigungsstelle. Lill gestern zum inhaltlichen Unterschied zwischen erster und zweiter Vorlage: „Das ist eine schwierige Frage. Da treiben Sie mich aber ziemlich in die Enge.“ Auch in ihren Papieren scheint Lill die Unterscheidung zwischen erstem und zweiten Aufguß ihres Konzeptionsentwurfs schwer zu fallen. Ausdrücklich wird im neuen Entwurf eingeräumt, daß die „Bekämpfung der Fremdenfeindlichkeit“ „im wesentlichen einen Textauszug aus dem (alten) Konzept“ und deshalb “...nicht noch einmal gründlich behandelt werden“ soll. Im Rathaus wurde Lills neues Konzept so kommentiert: „Frau Lill hat sich als ausgesprochen beratungsresistent erwiesen“. Ausdrücklich besteht die Zentralstellenleiterin immerhin darauf, daß ihre Behörde mit dem „aktuellen Krisenmanagement“ angesichts des Aus- und Übersiedlerzustroms möglichst nichts zu tun und so „etwas wie die seltsame Bettenbörse“ für Rostocker Bremen-Besucher lieber den Fachressorts überlassen will. Lill: „Wir fühlen uns für Konzepte zuständig, die über den Tag hinausweisen“.

Was darunter zu verstehen ist, steht z.B. in der abgelehnten Senatsvorlage vom 5. Dezember, auf die sich Lill auch in ihrem neuen Konzept ausdrücklich bezieht. Danach sollen die neun Zentralstellen-Mitarbeiter z.B. für 12.000 Mark ein Fußballtur

nier in Schulen mit hohem Ausländeranteil organisieren, für 45.000 Mark einen Schülermalwettbewerb zum Thema „Miteinander leben“ ausschreiben und für insgesamt 87.000 Mark Kleinanzeigen in Weserkurier, Bremer Nachrichten und Nordseezeitung gegen Ausländerfeindlichkeit schalten.

Selbst den eigenen Genossen scheint das Konzept der Zentralstelle bislang nicht recht einzuleuchten. Das Protokoll einer gemeinsamen Sitzung, in der Lill Ende Januar ihre Vorschläge den Fraktionsausschüssen für Aussiedlerpolitik, für Ausländerpolitik und den Fraktions -Haushalts- experten vorstellte, konstatiert

erstens „erhebliche Irritationen über die Aufgaben und die Arbeit der Zentralstelle in der Fraktion“ und mahnt „eine schlüssige, abstimmungsfähige Senatsvorlage“ an. Nachdem die Zentralstellenleiterin ihr Konzept gerade ausführlich vorgestellt hatte, verordneten die Genossen: „Die daraus abzuleitenden Maßnahmen und ihre Umsetzung“ müßten noch „dargelegt werden“. Lills eigene Erklärung für den von Senat und Fraktion verordneten Wiederholungsaufgaben: „Leider haben sich nicht allzu viele mit unserem Anliegen auseinandergesetzt. Vermutlich sind unsere Papiere nicht gründlich gelesen worden.“

Unterzeichnet ist das besagte

Sitzungsprotokoll von der noch amtierenden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Sabine Uhl. In ihrer Eigenschaft als künftige Sozialsenatorin dürfte Uhl vermutlich selbst für die Aufarbeitung der von ihr unterzeichneten Mängelliste zuständig sein. Wenn es nach Henning Scherf geht, wird aus der bislang autonomen und ressortübergreifenden Zentralstelle in der morgigen Senatssitzung nämlich eine nachgeordnete und weisungsgebundene Behörde des Sozialsenators. Scherf-Nachfolgerin Uhl gestern kurz und bündig zur Frage, ob auch sie für eine stärkere Dienst-und Fachaufsicht für Lills Behörde plädiere: „Ja“.

K.S.