: Plädoyers im Hacker-Prozeß
Bundesanwaltschaft im Celler Gericht: KGB konnte nicht in westliche Computer eindringen / Trotzdem Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren gefordert / Einen Schaden für die BRD kann auch der Ankläger nicht erkennen ■ Aus Celle Jürgen Voges
Im Celler Hacker-Prozeß hat die Bundesanwaltschaft gestern eine Freiheitsstrafe von drei Jahren für den hannoverschen Croupier Peter C. und Bewährungsstrafen von zwei Jahren bzw. einem Jahr und acht Monaten für die beiden hannoverschen Hacker Markus H. und Dirk B. wegen „geheimdienstlicher Agententätigkeit“ gefordert.
In seinem Plädoyer vor dem Oberlandesgericht Celle sah es Oberstaatsanwalt Eckehard Kohlhaas zwar als erwiesen an, daß hannoversche Hacker über einen Zeitraum von insgesamt zweieinhalb Jahren gegen ein Entgelt von 90.000DM plus Spesen Datenmaterial an einen KGB-Mitarbeiter in Ost-Berlin geliefert hatten. Der Oberstaatsanwalt machte aber in einer Reihe von Punkten Abstriche von der ursprünglichen Anklage. Kohlhaas ging gestern nicht mehr davon aus, daß die Hacker dem KGB Zugangsberechtigungen geliefert haben, die das Eindringen in westliche Rechner ermöglichten. Auch das von dem Hacker Markus H. seiner Ansicht nach aus US-Computern für den KGB abgezogene Material bezeichnete der Anklagevertreter als möglicherweise „für einen gegnerischen Nachrichtendienst völlig uninteressant“.
Die Freiheitsstrafen wurden mit dem langen Zeitraum der Agententätigkeit und der „erheblichen kriminellen Energie der Angeklagten“ begründet, an der ihre letztliche Erfolglosigkeit nichts ändere. Außerdem wollte Kohlhaas den Gesichtspunkt der „Generalprävention“ berücksichtigt wissen.
Die Verteidiger der Angeklagten - die allesamt vor Gericht Geständnisse abgelegt hatten - plädierten lediglich auf niedrigere Strafen. Rechtsanwalt Alfred Dreher führte aus, sein Mandant Peter C. habe alles andere als konspirativ gearbeitet und in Hackerkreisen über seine Arbeit für den KGB erzählt. Eine Bewährungsstrafe von höchstens einem Jahr sei angemessen. Rechtsanwalt Uwe Rösler bestritt für Markus H. noch einmal, daß sein Mandant im Auftrage des KGB gehackt habe oder erhacktes Material an ihn weitergegeben habe. Lediglich Software, die ihm bei seinem damaligen Arbeitgeber zugänglich war, habe der Hacker dem KGB zukommen lassen. Rösler plädierte auf eine Bewährungsstrafe von höchstens eineinhalb Jahren. Für Dirk B. plädierte Anwalt Bertram Börner, der die Hack-Sucht der Gruppe herausstellte, auf eine Strafe von einem Jahr und zwei Monaten.
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