: Explosion bei Buna
■ Zwei Verpuffungen am Karbidofen / Mindestens drei Tote / Mehrere Menschen noch immer vermißt
Berlin (ap) - Bei zwei Verpuffungen in den Buna-Chemiewerken in Schkopau südlich von Halle sind am Freitag vormittag mindestens drei Menschen ums Leben gekommen. 25 wurden durch den explodierenden Kunststoff Karbid zum Teil schwer verletzt. Mehrere Menschen wurden am Mittag immer noch vermißt. Die beiden Verpuffungen hatten sich kurz nach halb neun ereignet.
Auch vier Stunden nach dem Unfall war die tatsächliche Zahl der Opfer noch nicht bekannt. Noch immer quelle heißer Kunstoff aus dem explodierten Ofen, sagte Major Grasser von der Volkspolizei Halle. Wegen der großen Hitze könnten die Rettungsmannschaften nicht bis zum Unglücksort vordringen. Die meisten der Verletzten hätten schwere Brandverletzungen erlitten, viele seien unter Schock aus der Halle gerannt. Es sei nicht auszuschließen, daß noch weitere Opfer in der Halle gefunden würden. Über die Ursache des Unglücks ist nach Grassers Angaben noch nichts bekannt. Eine Untersuchungskommission soll die Ursache klären. Grasser sagte, die Verpuffung habe sich in einer abgeschlossenen Halle ereignet. Fortsetzung auf Seite 2
Das Unglück habe keine Auswirkungen auf die Umgebung oder andere Betriebsteile. Anwohner hätten nicht evakuiert werden müssen.
In dem Chemiewerk arbeiten im Schichtbetrieb zwischen 10.000 und 15.000 Menschen.
Karbid entsteht aus Kalk und Koks und wird bei 2.300 Grad in einem elektrischen Ofen hergestellt. Karbid ist Ausgangsstoff für die Herstellung von Acetylen, das wiederum zu Schweißgas oder anderen wichtigen chemischen Verbindungen verarbeitet wird. Im Gebiet Halle arbeiten die größten Chemiekombinate der DDR. Anfang der siebziger Jahre hatte sich die Umweltbelastung in der Umgebung drastisch reduziert, nachdem Braunkohle durch Erdöl und Erdgas weitgehend ersetzt worden war. Seit Anfang der achtziger Jahre wurde der Einsatz von Braunkohle aber wieder
deutlich erhöht.
Im DDR-Chemiekombinat Buna bei Halle war die Stillegung von vier Öfen der Karbidfabrik bereits geplant. Der stellvertretende DDR-Minister für Schwerindustrie, Siegfried Hanne, habe diese Maßnahme zur Reduzierung der Staubbelastung im Industriegebiet Halle-Merseburg bereits am Donnerstag abend angekündigt, berichtete die Ostberliner Nachrichtenagentur ADN.
Die Agentur ließ dabei offen, ob auch der Karbidofen 11, wo sich die beiden Verpuffungen ereigneten, stillgelegt werden sollte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen